Das BVerfG hat die Verfassungsbeschwerde des "langsamen Richters" Thomas Schulte-Kellinghaus nicht zur Entscheidung angenommen. Sie sei unzulässig, da der Rechtsweg noch nicht erschöpft sei, entschieden die Karlsruher Richter.
Der Fall des "langsamen Richters" Thomas Schulte-Kellinghaus wird vorerst kein Thema in Karlsruhe. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) nahm die Verfassungsbeschwerde des Richters nicht zur Entscheidung an, wie jetzt bekannt wurde (Beschl. v. 09.03.2018, Az. 2 BvR 174/18). Sie sei weder von grundsätzlicher verfassungsrechtlicher Bedeutung noch zur Durchsetzung seiner Grundrechte angezeigt.
Schulte-Kellinghaus ist Richter am Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe und wehrt sich seit Jahren gerichtlich gegen den Vorhalt der ehemaligen OLG-Präsidentin Christine Hügel, er erledige zu wenige Fälle. Hügel hatte seine Erledigungszahlen mit dem Pensum anderer Richter am OLG Karlsruhe verglichen und kritisiert, Schulte–Kellinghaus unterschreite das durchschnittliche Erledigungspensum "ganz erheblich und jenseits aller großzügig zu bemessenden Toleranzbereiche". In den Jahren 2008 bis 2010 habe seine Erledigungsleistung nur etwa 68 Prozent der von anderen OLG-Richtern in diesem Zeitraum durchschnittlich erledigten Verfahren entsprochen.
Schulte-Kellinghaus sieht darin einen Eingriff in seine richterliche Unabhängigkeit. Er arbeite nicht einfach nur weniger als seine Kollegen, sondern gehe vielmehr besonders gründlich vor. Das baden-württembergische Dienstgericht und der Dienstgerichtshof beim OLG Stuttgart hatten die Rüge der Präsidentin zunächst bestätigt.
Rechtsweg nicht erschöpft
Der Bundesgerichtshof (BGH) hob das Urteil des Dienstgerichtshofs allerdings auf und verwies zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an diesen zurück. Dort müsse zunächst geklärt werden, ob die durchschnittlichen Erledigungszahlen zutreffend ermittelt worden seien oder ob es bei der Ermittlung methodische Mängel gegeben habe, so der BGH.
Die für den Dienstgerichtshof bindenden Vorgaben in den Urteilsgründen des BGH ließen "für eine neue Entscheidung der Berufungsinstanz jedoch keine verfassungskonforme Entscheidung zu", argumentiert Schulte-Kellinghaus in seiner Verfassungsbeschwerde. Die Annahme des BGHs, wonach die Dienstaufsicht berechtigt ist, einem Richter ein in Zahlen gemessenes unzureichendes Erledigungspensum vorzuhalten, verstoße gegen Art. 97 Abs. 1 Grundgesetz (GG).
Seine Verfassungsbeschwerde erachteten die Verfassungsrichter aber als unzulässig: Da der BGH die Sache an den Dienstgerichtshof zurückverwiesen hat, sei der Rechtsweg noch nicht erschöpft. Dass die Möglichkeit eines Erfolgs im dienstgerichtlichen Verfahren für den gerügten Richter nicht mehr bestehen sollte, sei in der Verfassungsbescherde nicht überzeugend dargelegt worden und auch sonst nicht ersichtlich. Wieso bereits jetzt schon feststehe, dass der Dienstgerichtshof bei einer neuerlichen Entscheidung nur eine "Sachgerechtigkeit" der von Hügel ermittelten Durchschnittszahlen feststellen könne, leuchtete dem Karlsruher Senat nicht ein.
Durch den Verweis auf den dienstgerichtlichen Rechtsweg entstehe Schulte-Kellinghaus auch kein schwerer und unabwendbarer Nachteil. Der Dienstgerichtshof habe bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand am 29.02.2020 noch hinreichend Zeit, fachgerichtlichen Rechtsschutz zu gewähren.
acr/LTO-Redaktion
Verfassungsbeschwerde im Fall Schulte-Kellinghaus: . In: Legal Tribune Online, 13.04.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/28053 (abgerufen am: 17.11.2024 )
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