Zwei Anwälte aus Düsseldorf, die nicht in den Kammervorstand gewählt wurden, haben die Wahl angefochten. Beim AGH Hamm monieren sie eine chaotische Veranstaltung, unzulässige Einflussnahmen und sogar Amtsmissbrauch durch den Präsidenten.
Am 26. Mai haben Dr. Karl-Heinz Göpfert und Dr. Jochen Heide aus Düsseldorf die Klage zur Wahlanfechtung beim Anwaltsgerichtshof (AGH) in Hamm eingereicht. Verfasst wurde das Dokument, das LTO vorliegt, vom renommierten Berufsrechtler Dr. Michael Kleine-Cosack. "Mit Unterstützung zahlreicher anderer Kammermitglieder" beantragen die Kläger, die Vorstandswahl vom 26. April in den Düsseldorfer Rheinterrassen insgesamt, hilfsweise jedenfalls insoweit für ungültig zu erklären, als Herbert P. Schons in den Vorstand gewählt wurde.
Formelle Fehler einerseits sowie die Verletzung des Rechts auf eine freie und gleiche Wahl andererseits halten sie für derart erheblich, dass die Wahl nicht nur, wie in § 112f Abs. 1 Bundesrechtsanwaltsordnung vorgesehen, für ungültig oder nichtig erklärt werden könne, sondern dies sogar zwingend geschehen müsse. Die Wahl sei chaotisch verlaufen, Mindeststandards nicht eingehalten worden. Nichtberechtigte hätten teilnehmen, Berechtigte mehrfach wählen können, die Urnen seien vor und nach den Wahlgängen zugänglich gewesen, Wahlunterlagen hätten überall herum gelegen, heißt es in der Klage weiter.
Zudem sei die Wahl im Vorfeld unzulässig beeinflusst und damit die Freiheit und Gleichheit der Wahl verletzt worden. Es sei – zum Teil erfolgreich – versucht worden, Kandidaturen zu verhindern, Kandidaten seien verunglimpft worden und gleich mehrere Anwaltvereine hätten ihre Mitglieder per Rundschreiben unzulässig beeinflusst. Die Kandidaten seien ungleich behandelt worden und speziell der (alte und neue) Präsident der Kammer, Herbert Schons, habe sein Amt missbraucht und die Wahl gesetzwidrig beeinflusst, so Göpfert und Heide.
Hätte jeder wählen können – und taten es manche gleich mehrfach?
Schons sah sich auf Anfrage von LTO nicht dazu in der Lage, die der RAK noch gar nicht zugestellte Wahlanfechtung inhaltlich zu kommentieren. Er zeigte sich aber in tatsächlicher wie rechtlicher Hinsicht zuversichtlich: "Die Kammer ist in der komfortablen Lage, bezüglich des Sachverhalts auf zahlreiche Zeugen zurückgreifen zu können, welche den Ablauf des Wahlvorgangs beschreiben werden. Rechtlich gesehen vertraue ich darauf, dass der AGH seine bekannte Rechtsprechung zur Wahlanfechtung bei Anwaltskammern fortsetzen und zu einer zutreffenden Lösung kommen wird".
Göpfert und Heide beschreiben das in ihrer 27-seitigen Klageschrift naturgemäß anders. Ihrer Ansicht nach hat eine chaotische Veranstaltung gleich gegen mehrere Wahlrechtsbestimmungen verstoßen. Die Kammer habe, anders als bei vergangenen Versammlungen, nicht genug getan, um einen geordneten Ablauf sicherzustellen. Dabei beziehen die Anwälte sich vor allem auf die bundesweit bekannt gewordene Wahl im Jahr 2015, als über 1.000 Juristen, darunter viele Syndikusanwälte, an der Kammerversammlung in Düsseldorf teilnahmen.
Jeder hätte an der – eigentlich nichtöffentlichen – Kammerversammlung teilnehmen und eine Stimme abgeben können, begründen sie ihre Klage. Lediglich der Name sei überprüft worden, Identitätsnachweise seien indes nicht gefordert worden. Der Saal sei für praktisch jeden zugänglich gewesen; niemand habe die Berechtigung derer überprüft, die durch die ständig offenen Türen kamen und gingen. Der Versammlungsleiter selbst habe die fehlende Versammlungsdisziplin moniert, indem er sagte, man möge doch das "ständige Gelaufe" unterlassen.
Die Stimmen seien dann mitnichten gleichzeitig abgegeben worden. Versammlungsteilnehmer hätten Wahlzettel schon in die bereits zu diesem Zeitpunkt im Saal aufgestellten Wahlurnen geworfen, noch bevor auch nur die Vorstellung der Kandidaten beendet geschweige denn der erste Wahlgang eröffnet gewesen sei.
Bei Durchführung der Wahl am Abend des 26. April (an dem das DFB-Pokalspiel Dortmund gegen Bayern stattfand) seien viele Teilnehmer längst nicht mehr da gewesen, niemand habe sie daran gehindert, zu kommen und zu gehen. Andere hätten hingegen ihre Stimmen erst nach den jeweiligen Wahlgängen abgegeben. Wahlunterlagen hätten öffentlich und für jeden greifbar herumgelegen, manche Teilnehmer hätten mehrere Zettel in die Urnen geworfen, andere ihre Wahlzettel Kollegen zur Verfügung gestellt. Wirksam kontrolliert worden sei all das nicht.
Pia Lorenz, Anwaltskammer Düsseldorf: . In: Legal Tribune Online, 01.06.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/23085 (abgerufen am: 19.11.2024 )
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