Weil Christian Wulff als Prokurist arbeiten soll, wird über die Höhe seiner Ruhebezüge diskutiert. Das Gesetz von 1953 stellte sich weder einen so jungen Präsidenten noch eine so kurze Amtszeit vor. Und könnte eine Kürzung doch erlauben.
Alt-Bundespräsident Christian Wulff soll laut Medienberichten als Prokurist für eine türkische Modefirma tätig sein. Verfassungsrechtler und der Steuerzahlerbund fordern nun eine Kürzung des Ehrensolds für Ex-Staatsoberhäupter. Der Staatsrechtler Prof. Dr. Hans Herbert von Arnim nannte es ein "überholtes, nicht zu rechtfertigendes Privileg", dass Bundespräsidenten im Ruhestand weiter 100 Prozent ihrer Bezüge erhalten - so viel bekomme kein anderer Amtsträger hierzulande.
Der Präsident des Bundes der Steuerzahler, Reiner Holznagel, verlangte ebenfalls eine Reform und sagte: "Der neue Bundestag sollte nach der Wahl dies auf den Weg bringen". Die hundertprozentige Alimentierung des Staatsoberhauptes nach dem Ausscheiden aus dem Amt sei nicht mehr zeitgemäß. Der Ehrensold müsse gesenkt werden, unabhängig von der Person Wulff.
Im Februar 2012 war Wulff nach nur 20-monatiger Amtszeit als Bundespräsident zurückgetreten, nachdem er zunächst wegen eines Drohanrufs bei der Bild in die Schlagzeilen geriet und danach die Staatsanwaltschaft Ermittlungen wegen möglicher Vorteilsnahme in seiner Zeit als niedersächsischer Ministerpräsident eingeleitet hatte. Das Landgericht Hannover sprach ihn erst 2014 vom Vorwurf der Vorteilsannahme frei. Ruhebezüge erhielt er unabhängig davon, das Bundespräsidialamt setzte den Ehrensold im Februar 2012 fest.
Wulff sei aus politischen Gründen aus seinem Amt ausgeschieden, die Voraussetzungen von § 1 des Gesetzes über die Ruhebezüge des Bundespräsidenten (BPräsRuhebezG) seien damit erfüllt, hieß es damals zur Begründung. Seitdem bezieht der damals 52-Jährige einen jährlichen Ehrensold von mehr als 200.000 Euro. Könnte sich das jetzt ändern?
Was soll ein Ex-Bundespräsident danach tun?
Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums erklärte am Montag, in einer Nebentätigkeit Wulffs könne er im Moment keinen Verstoß gegen gesetzliche Regelungen erkennen. Auch CDU-Generalsekretär Peter Tauber sagte in Berlin, Wulff bewege sich bei seiner Tätigkeit im Rahmen geltenden Rechts. Ob der Bundestag bei diesem Thema nachjustieren müsse, müsse in der nächsten Legislaturperiode diskutiert werden. "Das ist ein ernstes Thema. Ich weiß nicht, ob das taugt, um es jetzt zur Wahlkampfauseinandersetzung zu machen." Es gehe um die Frage, wie sich die Kanzler und Präsidenten nach ihren Amtszeiten geben sollten: "Sollen sie sich weiter aufs Repräsentieren und aufs Ehrenamt konzentrieren, oder soll ihnen auch eine andere Tätigkeit möglich sein?"
Staatsrechtler Prof. Dr. Christoph Degenhart schrieb bereits im Jahr 2012 auf LTO, als die Wellen öffentlicher Empörung über den ungeschmälerten Sold für den glücklosen Bundespräsidenten hoch schlugen, dass "der Gesetzgeber des Jahres 1953 vermutlich den 'elder statesman' im Blick hatte, der bereits in reiferem Alter in das Amt des Bundespräsidenten gelangt und aus seinem Amt in den Altersruhestand geht."
Geändert hat sich aber bis heute nichts. Der Sprecher des Bundesinnenministeriums, Johannes Dimroth, sagte, eine Verletzung der Vorgaben würde voraussetzen, "nicht dass gegen den Geist oder gegen den ursprünglichen Sinn einer solchen Vorschrift verstoßen wurde, sondern gegen den Buchstaben einer solchen Vorschrift". Das könne er momentan nicht erkennen. Degenhart hält es dagegen nicht für ausgeschlossen, dass der Ex-Bundespräsident sich das bei dem türkischen Modelabel erzielte Gehalt anrechnen lassen muss.
Pia Lorenz, Christian Wulffs neuer Job: . In: Legal Tribune Online, 09.08.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/23869 (abgerufen am: 23.11.2024 )
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