Die EU darf Schulden machen
"Next Generation EU" heißt das Programm, mit dem die EU die Wirtschaft nach der Corona-Pandemie wieder aufbauen will. 750 Milliarden Euro sollen insbesondere in Digitalisierung und Klimaschutz investiert werden. Dazu will die EU jedoch erstmals in großem Umfang Kredite aufnehmen – darf sie das?
Der Bundestag hatte mit dem sogenannten Eigenmittelbeschluss-Ratifizierungsgesetz einer deutschen Beteiligung an dem Aufbaufonds zugestimmt. Karlsruhe verzichtete diesmal auf einen neuerlichen Clash mit den europäischen Institutionen und entschied mit 6:1 Stimmen: Ja, das geht, obwohl es nicht ausdrücklich in den Verträgen steht (Az. Urt. v. 6. 12.2022, 2 BvR 547/21, 2 BvR 798/21). Eine offensichtliche Überschreitung des geltenden Integrationsprogramms sei darin nicht zu erkennen, die haushaltspolitische Gesamtverantwortung des Bundestages nicht beeinträchtigt.
Allerdings betonte der Zweite Senat auch, dass es sich um eine Ausnahme handele und zeichnete schon mal vor, dass ein dauerhaftes Schuldenmachen dann eben doch offensichtlich unzulässig sein könnte. Die ganz strenge bisherige Karlsruher Linie vertrat jedoch nur noch Verfassungsrichter Peter Müller. Er schrieb in seinem Sondervotum, die Senatsmehrheit verweigere den Dialog der europäischen Verfassungsgerichte, nehme eine Verletzung der Integrationsverantwortung in Kauf und deute einen Rückzug des Senats aus der materiellen Ultra-vires-Kontrolle an. In Brüssel und Luxemburg dürfte man die Entscheidung eher als dialogförderlich ansehen.
Sollte man kennen: . In: Legal Tribune Online, 27.12.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/50581 (abgerufen am: 23.11.2024 )
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