Notare sollen künftig sämtliche neuen Urkunden digitalisieren, auch die elektronische Aktenführung wird erstmals zugelassen. Matthias Frohn erläutert, was sich mit der Einrichtung eines Elektronischen Urkundenarchivs bei der BNotK ändert.
Nach einem Gesetzentwurf der Bundesregierung müssen Notare ihre Urkunden zukünftig elektronisch aufbewahren. Dazu wird die Bundesnotarkammer (BNotK) beauftragt ein "Elektronisches Urkundenarchiv" einzurichten, das die sichere Aufbewahrung der Urkunden für 100 Jahre ermöglicht. Die Notare müssen nach dem Gesetzentwurf, der am 12. Oktober vom Bundeskabinett beschlossen wurde, sämtliche ab einem Stichtag neu errichteten Urkunden digitalisieren, qualifiziert elektronisch signieren und verschlüsselt im Elektronischen Urkundenarchiv ablegen. Die Papierurkunden können nach einem Übergangszeitraum von 30 Jahren vernichtet werden. Das soll Ressourcen bei den Notaren und den Amtsgerichten sparen, die heute für die Verwahrung der Notarurkunden nach dem Amtsende des Notars zuständig sind.
Zudem können sämtliche Notarurkunden aufgrund der Neuregelung in Zukunft ohne Medienbruch elektronisch verwendet werden. Dies gilt etwa für Nachweise gegenüber Gerichten, Ämtern, Banken und anderen Stellen, die die Echtheit und Unversehrtheit der Dokumente aufgrund der elektronischen Signatur des Notars überprüfen können. Diese Stellen müssen dann ihrerseits keine Papierurkunden mehr archivieren und können notarielle Dokumente in elektronischen Aktensystemen weiterverarbeiten, ohne diese erst einscannen zu müssen.
Die Notare nehmen schon seit Langem eine Vorreiterstellung bei der Digitalisierung der Justiz ein. Seit der Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Handelsregistern im Jahr 2007 verwenden sie flächendeckend qualifizierte elektronische Signaturen und tauschen elektronische Dokumente rechts- und beweissicher mit den Gerichten aus. Die Kommunikation mit den Gerichten erfolgt mit einer sicheren Ende-zu-Ende-Verschlüsselung. Der elektronische Rechtsverkehr hat dazu geführt, dass Eintragungen im Handelsregister heute deutlich schneller erfolgen können als noch vor zehn Jahren. Das Gleiche gilt in einigen Bundesländern inzwischen auch für Grundstücksgeschäfte: Dort müssen Urkunden nun auch elektronisch beim Grundbuchamt eingereicht werden.
Erstmals Führung elektronischer Akten zulässig
Der Gesetzentwurf ermöglicht es den Notaren erstmals, für die Bearbeitung ihrer Vorgänge elektronische Akten zu führen. Die hierbei einzuhaltenden Standards wird das Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz (BMJV) noch durch eine Rechtsverordnung festlegen. Besondere Anforderungen werden insbesondere an das Scannen der Urkunden gestellt werden, um die rechtliche Gleichstellung der elektronischen Fassung der Urschrift mit der Papierurkunde zu ermöglichen.
Zudem ist auch eine Verknüpfung der elektronischen Aktensysteme der Justiz mit dem Elektronischen Urkundenarchiv denkbar, die insbesondere im Handelsregister- und Grundbuchbereich Effizienz- und Kostenvorteile mit sich bringen würde, dort sind Dokumente derzeit dauerhaft aufzubewahren. Die Urkunden müssten dann nicht mehr vom Notar an die Gerichte verschickt werden, sondern könnten stattdessen über einen Link mit der Gerichtsakte verknüpft werden. Auch vollständig elektronische Zwangsvollstreckungsverfahren sind denkbar.
Neue Aufgabe für Notarkammern
Neben der elektronischen Aufbewahrung regelt der Gesetzentwurf die Zuständigkeit für die Verwahrung. Anstelle der Amtsgerichte werden für die Verwahrung der Urkunden in Zukunft die Notarkammern zuständig sein, wenn der Notar aus dem Amt ausscheidet.
Da in den Gebieten des hauptberuflichen Notariats in der Regel Amtsnachfolger bestellt werden, die auch die Urkunden des Vorgängers übernehmen, betrifft dies vor allem die Kammern des Anwaltsnotariats. Diese müssen - jedenfalls für einen Übergangszeitraum, in dem die Urkunden noch parallel in Papierform verwahrt werden - Archive einrichten und Ausfertigungen und Abschriften von den verwahrten Urkunden erteilen.
Hochsichere Verschlüsselung erforderlich
Um die Vertraulichkeit der im Elektronischen Urkundenarchiv verwahrten Dokumente zu gewährleisten, wird jeder Notar über ein speziell gesichertes Netzwerk an das Elektronische Urkundenarchiv angeschlossen. Dort werden sämtliche Dokumente nach dem Stand der Technik inhaltsverschlüsselt abgelegt.
Nur der Notar und seine Mitarbeiter können die Dokumente wieder entschlüsseln, einen Generalschlüssel wird es nicht geben. Eine besondere Herausforderung wird darin liegen, die Entschlüsselung auch durch den Amtsnachfolger des Notars zu ermöglichen. Dies wird durch ein speziell entwickeltes Schlüsselmanagement erreicht.
Für die Einrichtung des Elektronischen Urkundenarchivs hat die Bundesnotarkammer bis zum Jahr 2022 Zeit, bis dahin soll jeder Notar schrittweise an die neue Technik angeschlossen werden.
Der Autor Matthias Frohn ist Notarassessor und Mitglied der Geschäftsführung der Bundesnotarkammer. Er leitet den Aufbau des Elektronischen Urkundenarchivs.
Neuregelung zur Aufbewahrung von Notariatsunterlagen: . In: Legal Tribune Online, 17.10.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/20880 (abgerufen am: 24.11.2024 )
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