Verbotene Kennzeichen: HJ, KZ & Co:

von Adolf Rebler, Dr. jur.

02.12.2014

Das Auto ist bekanntlich des Deutschen (Mannes) liebstes Kind: Ausdruck seines Stils und seiner Individualität. Das soll auch für das Kennzeichen gelten. Aber was, wenn dem Halter eine Zahlen- und Buchstabenkombination mit rechter Symbolik oder sonstige Geschmacklosigkeiten vorschweben? Adolf Rebler über Möglichkeiten, Grenzen und Sinn von Kennzeichenverboten.

Es muss ja nicht gleich das – natürlich auch auf dem Rückweg vom Standesamt verbotene – "Just Married" auf der Platine sein, oder ein personalisiertes Phantasie-Kennzeichen wie in den USA. Viele deutsche Autofahrerinnen und Autofahrer wünschen sich dennoch ihr persönliches Nummernschild. Dafür kann es viele Gründe geben: Praktische Erwägungen (um sich die Nummer leichter merken zu können), Nostalgie (das gleiche Kennzeichen wie beim ersten Auto), persönliche Verbundenheit (das Geburtsdatum des Partners oder Kindes, das eigene Hochzeitsdatum) oder einfach der Wunsch nach einem lustigen oder pfiffigen Kennzeichen, das sich (vermeintlich) von der Masse der anderen Fahrer abhebt.

Die Motive für ein "individuelles" Kfz-Kennzeichen sind vielfältig. Der Grund, warum es überhaupt Kfz-Kennzeichen gibt, ist dagegen recht banal: mit ihnen soll eine Identifizierung des Halters eines zulassungspflichtigen Fahrzeugs  ermöglicht werden, § 8 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung über die Zulassung von Fahrzeugen (FZV). Ebenso banal wie der Zweck ist der Aufbau des Kennzeichens: nach § 8 Abs. 1 Satz 2 FZV besteht es aus einem Unterscheidungszeichen (ein bis drei Buchstaben) für den Verwaltungsbezirk, in dem das Fahrzeug  zugelassen ist, und aus einer auf das einzelne Fahrzeug bezogenen Erkennungsnummer (§ 8 Abs. 1 Satz 2 FZV). Die Unterscheidungszeichen reichen von A- Augsburg bis ZZ - Burgenlandkreis (Zeitz); dazwischen steht  Hamburg  mit "HH" (Hansestadt Hamburg), auch wenn hier bereits eine politisch ausgesprochen inkorrekte Deutung möglich wäre.

Aufbau und Gestaltungsmöglichkeiten beim Nummernschild

Bis zur Änderung der FZV am 1. November 2012 ergaben sich die Unterscheidungszeichen direkt aus der Verordnung (Anlage 1 zur FZV). Nun bestimmen die Länder selbst ihre Unterscheidungszeichen. Die Erkennungsnummer setzt sich zusammen aus Buchstaben und Zahlengruppen und bestimmt sich nach Anlage 2 zur FZV. Mit Ausnahme der Umlaute Ä, Ö und Ü können alle Buchstaben des Alphabets entweder allein oder als Paar von zwei Buchstaben in der Erkennungsnummer zugeteilt werden. Möglich sind hier Zahlen-Ziffern-Kombinationen von A1 bis ZZ 9999.

Die Nummernzuteilung bei der Zulassung erfolgt grundsätzlich in einem automatisierten Verfahren. Nach Eingabe des Kürzels "NZ" durch die Zulassungsbehörde spuckt der Computer eine Nummer aus, die die Frau oder der Mann am Schalter dann dem jeweiligen Fahrzeughalter zuweist. Doch hat der Staat durchaus auch ein gewisses Verständnis für die Marotten seiner Bürger: gegen eine Gebühr von 12,80 Euro kann sich jeder aus dem vorhandenen Pool sein Wunschkennzeichen aussuchen.

Doch die Zulassungsbehörden müssen nicht jede Kennzeichenkombination anbieten: welche "Nummernkreise" sie eröffnen, liegt in ihrem Ermessen. Ein Fahrzeughalter hat weder einen Anspruch auf Eröffnung eines Nummernkreises noch auf Zuteilung eines bestimmten Kennzeichens (Verwaltungsgericht des Saarlandes, Urt. v. 20.12.2010, Az 10 K 2004/10; Hess. Verwaltungsgerichtshof, Beschl. v. 01.10.1997, Az. 2 TG 3059/97).

Bestimmte Kombinationen führen die Zulassungsbehörden von vorneherein schon nicht mehr in ihrem Bestand, so beispielsweise gängige Abkürzungen mit nationalsozialistischem Hintergrund, etwa HJ ("Hitlerjugend"), KZ ("Konzentrationslager"), SA ("Sturmabteilung"), SS ("Schutzstaffel") oder NS ("Nationalsozialismus"). Nürnberg beispielsweise vergibt auch keine Kennzeichen mit den Buchstabenkombinationen N-PD und N-S.

Große Kreativität beim Ersinnen sittenwidriger Kennzeichen

Doch auch ohne diese Buchstabenkombinationen gibt es anscheinend genügend Gestaltungsspielraum für kreative Fahrzeughalter, die ihre rechte Gesinnung auch im Straßenverkehr dokumentieren wollen: von der Ziffer "88" (die "8" steht hier für den achten Buchstaben im Alphabet, das "H"- also "88" als Kürzel für "Heil Hitler"), über 204 (der 20. April war Hitlers Geburtstag), "18" (Adolf Hitler), "444" ("D" als der vierte Buchstabe im Alphabet, also "Deutschland den Deutschen") bis zu "28" (Blood & Honour"). Aber auch die linke Szene hat ihre Vorleiben: AC-AB beispielsweise steht als Kürzel für "All Cops are Bastards". Und ein in Düsseldorf wohnender "Ostalgiker" mag sich das (vergleichsweise harmlose) "D-DR…" wünschen.

Der Verordnungsgeber versucht, sich dem zu erwehren: seit 1. November 2012 enthält die FZV in § 8 Abs. 1 Satz 3 FZV die Bestimmung, dass "die Zeichenkombination der Erkennungsnummer sowie die Kombination aus Unterscheidungszeichen und Erkennungsnummer…nicht gegen die guten Sitten verstoßen" dürfen. Ob die Schaffung dieser Vorschrift wirklich notwendig und sinnvoll war, kann man indes bezweifeln. Zunächst werden wohl nur wenige Verkehrsteilnehmer die politisch fragwürdigen Botschaften überhaupt verstehen. Und Deutungsmöglichkeiten bestehen sicher viele.  So erkennt die Bundesregierung in ihrer Antwort an die Anfrage der Fraktion der LINKEN (BT-Drs. 18/685 v. 28.02.2014) an, dass sich "aufgrund der vielfältigen Buchstaben- und / oder Zahlenkombinationsmöglichkeiten [bei Kfz-Kennzeichen] Wörter und Begriffe ergeben, die politischen, institutionellen oder sonstigen Deutungen zugänglich sind."

Zitiervorschlag

Adolf Rebler, Verbotene Kennzeichen: . In: Legal Tribune Online, 02.12.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/13980 (abgerufen am: 21.11.2024 )

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