Streit um den Urlaub: Die schönste Zeit des Jahres

von Christian Oberwetter

09.08.2012

Welcher Arbeitnehmer sehnt nicht seinen nächsten Urlaub herbei und erwartet freudig den verdienten Tapetenwechsel. Was aber, wenn es soweit gar nicht kommt, weil der Chef keinen Urlaub gewährt oder man in den Ferien krank wird? Und was kann ein Arbeitgeber tun, wenn sein Mitarbeiter regelmäßig kurz vor Urlaubsende plötzlich krank wird? Ein Überblick von Christian Oberwetter.

In Deutschland hat jeder Beschäftigte einen Anspruch auf Urlaub. In der Regel ist vertraglich vereinbart wie viel, in jedem Fall steht einem Arbeitnehmer aber der gesetzliche Urlaub nach den §§ 1,3 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) zu. In der Praxis stellt der Arbeitnehmer einen Urlaubsantrag und der Chef bewilligt die freie Zeit. Was aber, wenn man drei Wochen Mallorca schon fest gebucht hat und der Chef plötzlich nicht mehr mitspielt und den Urlaub nicht erteilt oder seine Zusage zurückzieht?

§ 7 BUrlG verpflichtet den Arbeitgeber, die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers zu berücksichtigen. Der Chef kann diese aber zurückweisen, wenn dringende betriebliche Belange entgegenstehen oder andere Arbeitnehmer bevorzugt werden müssen. Fällt etwa im Betrieb die halbe Abteilung wegen Krankheit aus, kann der Chef auf die Bremse treten und einen Urlaubsstopp verhängen. Und ein Single wird es schwer haben, die Reise nach Ibiza mitten in die Schulferien zu legen, wenn im Unternehmen Kollegen mit schulpflichtigen Kindern ebenfalls Urlaubspläne haben. Allerdings kann der Chef den Urlaub nicht bereits deshalb verweigern, weil er dann im Betrieb die Arbeit umdirigieren muss.

Bloß nicht eigenmächtig in Urlaub gehen

Was tun, wenn der Chef hart bleibt und sich ohne wichtigen Grund verweigert? Darf man sich dann selbst beurlauben? Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat das verneint. Ein eigenmächtiger Urlaubsantritt ist nach Auffassung der höchsten Arbeitsrichter eine Verletzung der arbeitsvertraglichen Pflichten und kann sogar einen wichtigen Grund für eine fristlose Kündigung bieten (Urt. v. 20.01.1994, Az. 2 AZR 521/93; LAG Hamm, Urt. v. 17.10.2007, Az. 2 Sa 43/07). Gleiches gilt, wenn der Beschäftigte dem Arbeitgeber droht, krank zu werden, wenn er nicht in die Ferien fahren darf (BAG, Urt. v. 17.06. 2003 , Az. 2 AZR 123/02).

Muss der Arbeitnehmer also das Wort des Chefs als Gottesurteil annehmen? So ist es nun auch wieder nicht. Dem Beschäftigen bleibt immer noch die Möglichkeit, bei Gericht eine einstweilige Verfügung zu beantragen: Geben die Richter ihm Recht, kann er seinen Urlaub noch rechtzeitig antreten.

Auf eins können sich Arbeitnehmer aber verlassen: Hat der Chef den Urlaubswunsch akzeptiert, dann kann er davon keinen Rückzieher mehr machen. Ein Widerruf ist nicht möglich, so das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm (Urt. v. 11.12.2002, Az. 18 Sa 1475/02).

Krank und ab in den Urlaub

Zwei Wochen krank geschrieben, in Deutschland hat es sich eingeregnet. Darf man dann zur Aufhellung des Gemüts den Flieger Richtung Süden besteigen? Zunächst einmal: Arbeitsunfähigkeit bedeutet nicht Hausarrest. Der Arbeitnehmer muss allerdings während der Krankheit alles unterlassen, was den Genesungsprozess verzögern könnte. Das kann bei einer strapaziösen Reise ans andere Ende der Welt der Fall sei; aber wohl nicht bei einem kurzen Flug nach Sardinien.

Es gibt Unternehmen, die können die Uhr danach stellen: Der eine oder andere Arbeitnehmer erkrankt jedes Jahr nach den Ferien für ein, zwei Wochen. Auch wenn ein Arzt die Arbeitsunfähigkeit bescheinigt: Ist das nicht verdächtig? Einer von einem Mediziner ausgestellten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung kommt ein hoher Beweiswert zu (BAG, Urt. v. 01.10.1997, Az. 5 AZR 726/96), den der Arbeitgeber jedoch erschüttern kann, indem er Tatsachen vorträgt und beweist, die daran zweifeln lassen, dass sein Angestellter wirklich krank ist. Das kann zum Beispiel die sich regelmäßig wiederholende Erkrankung nach dem Jahresurlaub sein. Dann muss der Arbeitnehmer beweisen, dass er tatsächlich nicht gesund war, wozu er in der Regel seinen Arzt als Zeugen benennt – und der wird seine Diagnose kaum nachträglich ändern.

Endlich auf Mallorca, etwas Falsches gegessen und schon ist man drei Tage ans Bett gefesselt. Sind die Urlaubstage dann verloren? Hier trifft das Bundesurlaubsgesetz in § 9 eine eindeutige Regelung: Kann der Arbeitnehmer die vorübergehende Bettlägerigkeit durch ärztliches Attest bestätigen, werden die Krankheitstage nicht auf seinen Jahresurlaub angerechnet.

Das Urlaubsrecht hat schon einigen Anlass zu Streitigkeiten vor Gericht gegeben. Damit müssen Arbeitgeber und Arbeitnehmer leben. Nicht jeder kann so ohne weiteres auf Erholung verzichten wie Karl Lagerfeld. Der sagte, für Urlaub habe er keine Zeit. Er fahre zwischendurch zum Ausspannen auf sein Schloss in die Bretagne oder nach Monte Carlo.

Der Autor Christian Oberwetter, Rechtsanwalt und Maître en droit, ist Fachanwalt für Arbeitsrecht und IT-Recht in Hamburg.

Zitiervorschlag

Christian Oberwetter, Streit um den Urlaub: . In: Legal Tribune Online, 09.08.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/6808 (abgerufen am: 24.11.2024 )

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