Der längste Ausstand bei der Bahn legt Deutschland weiterhin lahm. Die GDL will ihre Forderungen mit aller Entschiedenheit durchsetzen – Leidtragende sind Berufspendler, Unternehmen und Wochenendreisende. Unmut über die Streikmaßnahmen ist eine Sache. Widerrechtlich sind sie damit aber noch lange nicht, meinen sowohl das ArbG Frankfurt a. M. als auch Michael Fuhlrott.
Der Streik der GDL ist rechtmäßig, insbesondere verhältnismäßig. Mit dieser Entscheidung hat die 10. Kammer des Arbeitsgerichts Frankfurt a.M. (Urt. v. 06.11.2014, Az. 10 Ga 162/14) nach einem langen Verhandlungsmarathon bis in die späten Abendstunden die Rechtsauffassung der Gewerkschaft der Lokführer (GDL) bestätigt. Der Streik geht damit zunächst weiter.
Ein Hoffnungsschimmer für Bahnreisende bleibt allerdings: Die Deutsche Bahn hat gegen die Entscheidung Berufung eingelegt. Das Landesarbeitsgericht (LAG) Frankfurt a.M. wird daher voraussichtlich noch im Laufe des heutigen Freitags erneut über den Fall verhandeln.
Auch hier wäre noch ein den Streik beendender Vergleich möglich. Denkbar ist auch, dass die Landesarbeitsrichter – anders als die Vorinstanz – die Streikmaßnahmen als unrechtmäßig ansehen. Dann wäre der Streik ebenfalls abzubrechen. Wahrscheinlich ist dies allerdings nicht, da das Streikrecht ein grundlegendes Recht einer jeden Gewerkschaft ist.
Streik als Grundrecht - und seine Grenzen
Die grundgesetzlich in Art. 9 Abs. 3 GG geschützte Koalitionsfreiheit umfasst auch das Streikrecht. Ausdrücklich ist dieses zudem in der Europäischen Sozialcharta (Art. 6 ESC) und in einigen Landesverfassungen verbrieft (z.B. Art. 29 Abs. 4 Hessische Landesverfassung). Nur so lassen sich die Tarifforderungen der Arbeitnehmer schließlich effektiv durchsetzen.
Arbeitgeber wiederum haben bei Streikmaßnahmen die Möglichkeit, die streikenden Arbeitnehmer auszusperren und die Lohnzahlungen einzustellen. Dieses Verhandlungsgleichgewicht zwischen Gewerkschaften und Arbeitgebern bzw. deren Verbänden funktioniert seit Jahrzehnten im Großen und Ganzen reibungslos. Ohne staatliche Eingriffe – wie etwa Mindestlohnvorgaben – lassen sich so austarierte und für beide Seiten tragbare Verhandlungsergebnisse finden.
Auch wenn die Voraussetzungen eines Streiks gesetzlich nicht geregelt sind, darf selbstverständlich nicht grenzenlos gestreikt werden. Bestimmte Voraussetzungen sind einzuhalten, damit es sich um einen rechtmäßigen Streik handelt. Zunächst muss der Streik von einer tariffähigen Partei, also einer Gewerkschaft durchgeführt werden. Daran besteht bei der bereits 1919 gegründeten GDL, die weit über 30.000 Mitglieder hat, kein Zweifel. Ein ebenfalls erforderlicher Streikbeschluss und eine Urabstimmung der Mitglieder liegen auch vor.
Michael Fuhlrott, Einstweilige Verfügung gescheitert: . In: Legal Tribune Online, 07.11.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/13736 (abgerufen am: 04.11.2024 )
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