AdWord-Advertising: Wer "Rolex" sucht, muss nicht "Rolex" finden

Suchmaschinenwerbung mithilfe von AdWords gilt als kostengünstig, effektiv und einfach. Doch was ist bei der Verwendung von AdWords zu beachten? Darf ein No-Nameunternehmen mit dem Begriff eines bekannten Produktes werben? Martin Wintermeier und Florian Albrecht erläutern die marken- und lauterkeitsrechtlichen Grenzen des Erfolgsmodells.

Google hatte es vor über zehn Jahren erfunden: Das AdWord-Advertising. Mit der Einführung von AdWords (englisch "Adverts" = Werbeanzeigen und "Words" = Wörter) beendete der Suchmaschinengigant seine bis dato praktizierte Werbefreiheit, welche lange als Zeichen der Unabhängigkeit der Suchergebnisse von kommerziellen Interessen gelten sollte.

Bei der Verwendung von Ad- oder Keywords zu Werbezwecken werden bestimmte Begriffe mit online gestellten Werbeanzeigen gewerblicher Anbieter verknüpft. Dem AdWord-Nutzer wird hierdurch ermöglicht, dass im Rahmen einer Google-Suche nach dem verwendeten Begriff plakativ die Werbung eingeblendet wird, die mit dem benutzten Suchbegriff übereinstimmt. Die Anzeigeoptionen sind vom AdWord-Nutzer weitgehend beliebig einstellbar. Dies kann etwa dazu führen, dass ein Suchmaschinennutzer unter Verwendung des AdWords "Rolex" auf eine mit diesem verknüpfte Anzeige eines No-Nameanbieters hingewiesen wird, wenn er eigentlich nach entsprechenden Markenprodukten sucht.

An dieser Stelle greifen die gegen eine Verwendung von AdWords angeführten rechtlichen Bedenken. So wird kritisiert, dass der mittels AdWords werbende Unternehmer die "Lotsenfunktion" bereits am Markt etablierter Produkte nutzen könne, um gezielt falsche Fährten zu seinen Produkten zu legen. Es würde also möglich, das Interesse an einer fremden und zumeist bekannten Marke für eigene Zwecke zu instrumentalisieren. Dem wird entgegnet, dass es keine werbefreie "Bannmeile" um Markenprodukte geben könne.

Benutzung geschützter Begriffe ist eine markenmäßige Benutzung

Für die rechtliche Bewertung der Verwendung von geschützten Marken als AdWords ist entscheidend, ob es sich hierbei um eine markenmäßige Benutzung handelt, die Abwehransprüche gegen den Verwender auslösen könnte. Nach zahlreichen und divergierenden Entscheidungen der Instanzgerichte und kontroversen Meinungen in der juristischen Literatur sah sich der BGH erstmals im Fall "Bananabay I" mit dieser Fragestellung konfrontiert. Die Klägerin vertrieb unter der gleichlautenden Internetadresse Erotikartikel und wollte gegen einen Konkurrenten vorgehen, der ähnliche Produkte verkaufte und dabei die Bezeichnung "bananabay" als Keyword benutzte. Da die streitentscheidenden §§ 14, 15 Markengesetz (MarkenG) auf der europäischen Markenrechts-Richtlinie beruhen, legte der BGH die Frage im Interesse einer richtlinienkonformen Auslegung nationaler Normen dem EuGH zur Vorabentscheidung vor (Beschl. v. 22.01.2009, Az. I ZR 125/07).

Hauptaugenmerk legte der EuGH, nach Festellung der markenmäßigen Benutzung, bei seiner Prüfung auf die Werbungs- sowie Herkunftsfunktion einer Marke. Während er die Werbungsfunktion der Wortmarke durch die Verwendung als AdWords grundsätzlich nicht beeinträchtigt sieht, liegt nach Auffassung des EuGH eine Beeinträchtigung der herkunftsweisenden Funktion der Marke vor, wenn es für den Suchenden nicht mehr deutlich ist, ob das Angebot der Anzeige vom Markeninhaber selbst, einem mit diesem verbundenen Unternehmen, oder einem Dritten stammt. Insoweit stellen die Luxemburger Richter darauf ab, ob es zu einer Irreführung des Suchmaschinennutzers kommt (Urt. v. 26.03.2010, Rs. C-91/09).

Der BGH hat diese Vorgaben im Rahmen seiner Entscheidung "Bananabay II" in das nationale Recht überführt. Unter erfreulich realistischen Gesichtspunkten geht er davon aus, dass die im Gebrauch von Suchmaschinen anzutreffende Unterscheidung zwischen Trefferliste und kommerziellen Anzeigen jedem sofort ersichtlich ist. Auch der Internetnutzer, der die Möglichkeit des Keyword-Advertisings nicht kennt, würde nicht davon ausgehen, dass es sich bei der Anzeige immer um ein Angebot des Markeninhabers handelt. Der BGH lehnt die Beeinträchtigung der Funktion einer Marke durch die Verwendung als AdWord daher grundsätzlich ab.

Unterlassungsansprüche wegen unlauterem Wettbewerb

Diskutiert wurde zudem, ob AdWord-Nutzern mit Abwehransprüchen aus dem Lauterkeitsrecht konfrontiert werden können. Auch in diesem Punkt setzt "Bananabay II" klare Maßstäbe. So seien Unterlassungsansprüche der Markeninhaber nur möglich, wenn es durch Produktnachahmung zur Rufanlehnung komme. Die betroffene Anzeige muss also derart Bezug auf den Markeninhaber nehmen, dass es zu einer Rufausbeutung kommt oder dem Mitbewerber zuzurechnende Kunden durch aufgedrängte Beeinflussung "abgefangen" werden. Eine unlautere, irreführende geschäftliche Handlung lehnt der BGH ebenfalls mit dem erkennbaren Unterschied zwischen Suchergebnis und Anzeigen ab (Urt. v. 13.01.2011, Az. I ZR 125/07).

Infolgedessen lässt sich festhalten, dass es kein ausschließliches Recht des Markeninhabers zur Benutzung der auf die Marke bezogenen Schlüsselworte gibt. Mit "Bananabay II" erteilt der BGH der Nutzung von Kennzeichen als Keywords eine Unbedenklichkeitserklärung, sofern keine bewusste Irreführung des Internetnutzers generiert wird.

Auch auf europäischer Ebene wurde zuletzt bewusst für das Modell der AdWord-Werbung entschieden. Durch das Urteil des EuGH in der Rechtssache "Interflora" wird unter dem Stichwort "Investitionsfunktion", also dem Schutz der in eine Marke und deren Aufbau getätigten Investitionen ihres Inhabers, zu prüfen sein, ob durch den Wettbewerber der Aufbau oder die Aufrechterhaltung des guten Rufs des Markeninhabers bzw. seiner Marke wesentlich erschwert oder gar ausgeschlossen wird (Urt. v. 22.09.2011, Rs. C-323/09). Aufgrund der neuen Luxemburger Vorgaben dürfte auch in Deutschland die Rechtsentwicklung interessant bleiben.

Florian Albrecht M.A. ist Rechtsanwalt und Akad. Rat. a.Z. am Lehrstuhl für Öffentliches Recht, Sicherheitsrecht und Internetrecht an der Universität Passau (Prof. Dr. Dirk Heckmann). Er ist zudem Geschäftsführer der Forschungsstelle für IT-Recht und Netzpolitik (for..net) sowie Lehrbeauftragter an der Hochschule Landshut.

Martin Wintermeier ist Student der Rechtswissenschaft an der Universität Passau. Er ist studentischer Mitarbeiter am Lehrstuhl für Wirtschaftsrecht und Geistiges Eigentum an der TU München (Prof. Dr. Christoph Ann LL.M. (Duke)) sowie Mitarbeiter bei der Reidel & Kollegen Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, Passau.

 

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Zitiervorschlag

Florian Albrecht, AdWord-Advertising: . In: Legal Tribune Online, 17.11.2011 , https://www.lto.de/persistent/a_id/4824 (abgerufen am: 23.11.2024 )

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