Urteile zur Arbeitskleidung: Von Büs­ten­hal­tern, kurzen Hosen und langen Haaren

von Uwe Wolf

26.03.2011

Das richtige Outfit am Arbeitsplatz fördert die Karriere. Das Gegenteil stimmt ebenfalls: Falsche Kleidung oder ein schräger Look können den Job kosten. Bei entsprechenden Kündigungsklagen werden Richter zu Mode-Beratern.

Ein Sicherheitsunternehmen hatte einen Großauftrag an Land gezogen: Im Auftrag der Bundespolizei sollten die Firma am Flughafen Köln-Bonn die Fluggastkontrollen durchführen.

Am neuen Einsatzort sollten die Mitarbeiter einen adretten Eindruck machen. Hierfür sollten sie die Vorgaben einer "Gesamtbetriebsvereinbarung Dienst- und Schutzkleidung" einhalten. Die Kleiderordnung hatte es in sich: In einer langen Ziffernreihe wurde das erwünschte Outfit von Kopf bis Fuß detailliert aufgelistet.

Dienstkleidung wurde gestellt, darunter sollten "BHs, Bustiers oder Unterhemden" sowie Strumpfhosen und Strümpfe in "neutraler Hautfarbe, dunkelblau oder schwarz" tragen. Aus Sicherheitsgründen sollten die Fingernägel  "einfarbig und in maximaler Länge von 0,5 cm über der Fingerkuppe" ausfallen.

Auch die Wachmänner blieben von Detailregelungen nicht verschont: Mit "gründlicher Komplettgesichtsrasur" oder mit "gepflegtem Bart" musste zum Dienst angetreten werden; für Haarkoloraturen waren nur "natürliche wirkende Farben gestattet"; das Tragen von künstlichen Haaren oder "Einflechtungen" war verboten, wenn es "die Natürlichkeit der Haarpracht beeinträchtigt."

Dunkle Socken okay, Perückenverbot rechtswidrig

Dem Betriebsrat gingen die Stilvorgaben des Arbeitgebers zu weit. Vor Gericht erhielten die Gewerkschafter zum Teil Recht. Zur "Gewährleistung eines einheitlichen Erscheinungsbildes", so die Richter, dürften zwar Vorgaben zur Farbe von Socken gemacht werden; die farbliche Gestaltung der Fingernägel sei für das Gesamtbild jedoch "offensichtlich ohne Bedeutung".

Glück hatten auch die Angestellten mit schütterem Haar und Hang zur Tönung: Das Verbot von Haarteilen sei Mitarbeitern, die unter "frühem Haarverlust" litten, nicht zuzumuten. Das Diktat einer "natürlich wirkenden Haarfarbe" erklärten die Richter mangels inhaltlicher Bestimmtheit für unwirksam.

Die anderen Modetipps hielten der richterlichen Überprüfung stand. Die Pflicht zum Tragen von Unterwäsche oder zu regelmäßiger Bartpflege etwa spiegelten letztlich nur das wider, was den "normalen und allgemein üblichen Umgangsformen" von Mitarbeitern mit Kundenkontakt entspräche (Landesarbeitsgericht Köln, Az. 3 TaBV 15/10).

"Urlaubslook" reicht nicht als Kündigungsgrund

Beim Herannahen der warmen Jahreszeit spielen kurze Hosen oder Hawaii-Hemden immer wieder eine Rolle bei Kündigungsprozessen.

So wollte ein Transportunternehmen aus Baden-Württemberg einen Geldfahrer vor die Tür setzen, weil er das Firmengebäude in sommerlichen Shorts betreten hatte. Die Kündigung wurde vom Arbeitsgericht Mannheim kassiert: Da der Mann nicht  als Mitarbeiter des Unternehmens erkennbar sei, sei ein "negativer Eindruck" auf Kunden nicht zwingend (Arbeitsgericht Mannheim, Az. 7 Ca 222/88).

Allein der Vorwurf von "urlaubsmäßiger" Aufmachung rechtfertigt ebenfalls keinen Rauswurf. Wer zum drastischen Mittel der Kündigung greifen will, muss nach Ansicht der Richter detailgenau auflisten, welche stilistischen Fehlgriffe den Mitarbeiter untragbar erscheinen lassen (Arbeitsgericht Frankfurt am Main, Az. 9 Ca 1687/01).

Lange Haare allein dürfte heute keine Kündigung mehr rechtfertigen. Das war 1966 noch anders: Einen angehenden Schaffner hatte die Bahn entlassen, weil sein Pony über die Augenbrauen reichte. Die Richter fanden das okay: Der Anblick sei schlicht "psychisch abstoßend" (Arbeitsgericht Essen, Az. 6 Ca 749/66 ).

Der Verfasser Dr. Uwe Wolf ist Jurist und freier Autor in  Düsseldorf.

 

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Zitiervorschlag

Uwe Wolf, Urteile zur Arbeitskleidung: . In: Legal Tribune Online, 26.03.2011 , https://www.lto.de/persistent/a_id/2881 (abgerufen am: 24.11.2024 )

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