Der Deutsche Krieg: Borussia siegt gegen Bayern

von Martin Rath

10.07.2016

2/2: Salzgesetzgebung: Vorbild für Bundes- und EU-Beschimpfung

Bayerische Europafreunde sollten sich die Reaktionen auf ein Gesetz zu Herzen nehmen, das am 25. November 1867 im königlich-bayerischen Gesetz-Blatt veröffentlicht wurde, das "Gesetz, die Erhebung einer Abgabe von Salz".

Im Rahmen des deutschen Zollvereins, einer Art Vorläuferorganisation der Europäischen Union, wurde versucht, die Salzsteuern zu harmonisieren. In Preußen war das Niveau vergleichsweise hoch. Es würde nicht Wunder nehmen, wenn Populisten zwischen Main und Alpen 1867 nicht den Wahnsinn ihres Landesherrn, sondern die auswärtigen Bürokraten beim Zollverein für die steuerliche Belastung des Salzes verantwortlich gemacht hätten.

Wenn wir schon über Populisten sprechen: Anhänger eines "Bavarexit", einer Loslösung des bayerischen Staats aus unwillig akzeptierter Fremdherrschaft, finden im "Gesetz-Blatt für das Königreich Bayern" normatives Material vom Feinsten. Nach der schmerzhaften Niederlage gegen die Preußen organisierte etwa das "Gesetz, die Wehrverfassung betr." die laxe Wehrkraft Bayerns neu, Artikel 3: "Jeder Bayer ist wehrpflichtig und kann sich in Ausübung dieser Pflicht nicht vertreten lassen." Jeder hundertste Bayer sollte nunmehr unter Waffen stehen, eine bayerische Wehrmacht müsste heute rund 120.000 Köpfe zählen.

Für Nostalgiker: Heimat- und Ehegesetzgebung

Ein "Gesetz über Heimat, Verehelichung und Aufenthalt" vom 16. April 1868 sollte in manchem Detail reaktionäre Herzen schneller schlagen lassen.

Nach seinem Artikel 36 konnte die Heimatgemeinde eines ehewilligen Mannes die "Ausstellung des Verehelichungszeugnisses" unter anderem dann unterbinden, wenn dieser eine Strafhaft noch nicht verbüßt hatte, bei der Gemeindekasse mit Beiträgen zur örtlichen Armenversorgung rückständig war oder selbst in den vergangenen drei Jahren kommunale Sozialleistungen beziehen musste.

Welch' elegante Lösung hier doch etwa 2012 für die leidige Diskussion um die "Herdprämie" zu finden gewesen wäre: Nach altbayerischer Gesetzeslogik sollte der Bezieher von Sozialleistungen erst gar nicht zur von Staats wegen eingesegneten Eheschließung, also legalen Sexualität, kommen. Mithin war die Forderung einer öffentlichen Unterstützung für die häusliche Betreuung von Kindern ein bisschen selbstwidersprüchlich. Mit dieser Einsicht in die Gesetzgebungsgeschichte hätte man Karlsruhe hier einmal die Arbeit an bayerischen Herzensdingen ersparen können.

"Friede und Freundschaft auf ewige Zeiten" - zumindest theoretisch

Am Ende dieses eher bavarozentrischen Artikels wollen wir auch kurz an die Sieger des Krieges von 1866 denken. Dass nach Artikel 1 des Vertrages zwischen den Erben und Nachfolgern, den Staaten und Untertanen des preußischen und des bayerischen Fürsten "Friede und Freundschaft auf ewige Zeiten" herrschen möge, ist dabei weniger relevant*.

Einmal, weil sich beispielsweise die Bundeskanzlerin als gebürtige Hamburgerin daran nicht gebunden fühlen könnte. Des Weiteren, weil der Friedensvertrag unzählige finanzielle und auch einige territoriale Forderungen Preußens an Bayern regelte, die Zug um Zug gegen den Abmarsch der preußischen Truppen zu leisten waren. Derlei erwähnt man besser nicht.

* Anm. d. Red.: Einen irreführenden Abschnitt über die Vertragsverhandlungen haben wir entfernt (11. Juli 2016, 9:59 Uhr).

Der Autor Martin Rath arbeitet als freier Lektor und Journalist in Ohligs bei Solingen.

Zitiervorschlag

Martin Rath, Der Deutsche Krieg: . In: Legal Tribune Online, 10.07.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/19937 (abgerufen am: 24.11.2024 )

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