OLG Schleswig-Holstein: Gesch­lechts­än­de­rung hin­dert Ein­tra­gung als Vater nicht

12.07.2024

Das OLG Schleswig-Holstein stellt klar, dass ein Transsexueller, der sein Geschlecht von weiblich auf männlich änderte, als Vater eines während der Ehe geborenen Kindes eingetragen werden kann. Biologische Abstammung sei nicht notwendig.

Das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht (OLG) hat entschieden, dass ein Transsexueller, der sein Geschlecht von weiblich auf männlich geändert hat, als Vater eines während der Ehe geborenen Kindes eingetragen werden kann. Dies gilt selbst dann, wenn keine biologische Abstammung vorliegt (Beschl. v. 04.07.2024, Az. 2 Wx 11/24). Diese Entscheidung bestätigt die Anweisung des Amtsgerichts an das Standesamt Flensburg, den Ehemann der Mutter als Vater einzutragen. Die dagegen eingelegte Beschwerde des Standesamts ist damit zurückgewiesen.

Dem Beschluss lag folgender Fall zugrunde: Im Jahr 2015 begründeten die heutigen Eheleute eine gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaft. Zwei Jahre später, im Jahr 2017, änderte der heutige Ehemann sein Geschlecht von weiblich auf männlich. Im Frühjahr 2023 heiratete das Paar und im Herbst desselben Jahres brachte die Ehefrau, mithilfe einer Samenspende, ein Kind zur Welt. Der Ehemann beantragte daraufhin beim Standesamt Flensburg die Eintragung als Vater des Kindes.

Das Standesamt weigerte sich allerdings, den Ehemann auf seinen Antrag hin als Vater einzutragen. Daraufhin wies das Amtsgericht das Standesamt an, die Vaterschaft des Mannes einzutragen, wogegen sich das Standesamt wehrte - jedoch ohne Erfolg.

Transsexuellengesetz auf Fall nicht anwendbar

Der 2. Zivilsenat des OLG entschied, dass nach § 1592 Nr. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) Vater eines Kindes der Mann ist, der zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratet ist. Da die Geschlechts- und Namensänderung des Antragstellers bereits wirksam war, sei dieser als Mann und somit als Vater anzusehen.

Der Senat stellte klar, dass § 11 des Transsexuellengesetzes (TSG), der das Rechtsverhältnis zwischen einem Transsexuellen und seinen Kindern unberührt lässt, auf diesen Fall nicht anwendbar sei. Diese Regelung beziehe sich nur auf Kinder, die entweder vor der Geschlechtsänderung geboren wurden oder nach der Geschlechtsänderung genetisch vom Transsexuellen abstammen. Eine Konstellation wie im vorliegenden Fall, bei der ein mit der Mutter des Kindes verheirateter Transsexueller die Eintragung als Vater verlangt, war zur Entstehungszeit der Vorschrift im Jahr 1980 nicht vorgesehen und bedarf daher keiner Anwendung.

Das OLG stellte zudem fest, dass dem Kind keine Nachteile entstehen, wenn der Transsexuelle als Mann und somit als Vater anerkannt wird. Im Gegenteil: Es würden Nachteile entstehen, wenn an die frühere weibliche Geschlechtsidentität angeknüpft würde, so das Gericht. In diesem Fall würde der Antragsteller im Verhältnis zum betroffenen Kind nicht als Mann betrachtet, sondern weiterhin als Frau behandelt werden. Das durch Art. 6 des Grundgesetzes (GG) garantierte Recht des Kindes auf Pflege und Erziehung durch beide Elternteile müsse nach Ansicht des Gerichts jedoch gewahrt bleiben. Die Möglichkeit, dass der Ehemann der Mutter rechtlich der Vater des betroffenen Kindes wird, unterstützte dieses Recht.

Die Richterinnen und Richter sahen keine Notwendigkeit, das Verfahren bis zur Entscheidung des BVerfG gemäß Art. 100 Abs. 1 GG (Normenkontrolle) über die Verfassungsmäßigkeit des § 1592 BGB auszusetzen. Sie argumentierten, dass die Vorlagen anderer Obergerichte unterschiedliche Sachverhalte beträfen und eine Auslegung nach dem Wortlaut ausreichend sei. Das OLG hat die Rechtsbeschwerde zugelassen.

Die Entscheidung des Senats erfolgte auf der Grundlage des aktuell gültigen Transsexuellengesetzes, das ab dem 1. November 2024 durch das SBGG (Selbstbestimmungsgesetz) abgelöst wird, welches auch das Eltern-Kind-Verhältnis neu regelt.

xp/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

OLG Schleswig-Holstein: . In: Legal Tribune Online, 12.07.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/54985 (abgerufen am: 21.11.2024 )

Infos zum Zitiervorschlag
Jetzt Pushnachrichten aktivieren

Pushverwaltung

Sie haben die Pushnachrichten abonniert.
Durch zusätzliche Filter können Sie Ihr Pushabo einschränken.

Filter öffnen
Rubriken
oder
Rechtsgebiete
Abbestellen