Pfullendorf-Affäre: Hin­weise auf Miss­brauch in Bun­des­wehr­ka­serne nicht bestä­tigt

07.06.2017

Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft zu Missbrauchsfällen in der Bundeswehrkaserne Pfullendorf wurden mangels Tatverdachts eingestellt. Ministerin von der Leyen gerät wegen ihres Umgangs mit den Vorwürfen politisch in die Kritik.

Sadistische Praktiken, sexuelle Belästigung und Missbrauch - die Liste der Vorwürfe gegen Sanitätsausbilder in der Bundeswehrkaserne Pfullendorf las sich wie das Skript eines Thrillers ohne Jugendfreigabe. Beschwerden über sexuell-sadistische Handlungen an weiblichen Rekruten hatten Ermittlungen der zuständigen Staatsanwaltschaft Hechingen nach sich gezogen. Doch die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft kommen zu einem anderen Ergebnis: Der Verdacht auf strafbares Verhalten hat sich nicht erhärtet, das Verfahren wurde eingestellt.

Nun muss sich Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) unangenehmen Fragen stellen. Sie hatte zuvor harsche Worte für die vermeintlichen Zustände in Pfullendorf gefunden, die nun kritisch hinterfragt werden.

"Etwas kann nicht stimmen"

So warf ihr der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag, Wolfgang Hellmich (SPD), im Tagesspiegel vor, den Ausschuss nicht korrekt über angebliche Verfehlungen von Soldaten informiert zu haben: "Etwas an der Darstellung von Frau von der Leyen vor dem Ausschuss kann nicht stimmen. Zumindest wurden die Vorfälle dramatischer dargestellt als sie tatsächlich waren".

Ähnlich äußerte sich auch der verteidigungspolitische Sprecher der SPD, Rainer Arnold in der BILD-Zeitung: "Die Ministerin hat jegliches Maß im Umgang mit den Vorgängen verloren. Sie überzeichnet die Probleme, um sich anschließend als toughe Problemlöserin auf dem Rücken der Bundeswehr zu inszenieren".

Wie die Zeitung weiter berichtet, sei die Sachlage dem Verteidigungsausschuss gegenüber verkürzt dargestellt und seien belastende Informationen über die Affäre an Medien durchgestochen worden. Nun müsse sich die Ministerin erklären, forderte Arnold. "Es ist unglaublich, dass die Ministerin so weitergemacht hat, als ob nichts wäre, obwohl sie schon seit März wusste, dass die Staatsanwaltschaft keine Ermittlungen einleiten würde."

Keine moralische Bewertung

Tatsächlich hatte die Behörde vor zwei Wochen erklärt, es gebe keine Hinweise darauf, dass in Pfullendorf "Lehrgangsteilnehmer im Rahmen der Kampfsanitäterausbildung zu sexuellen Handlungen genötigt wurden", wie kolportiert worden war. "Ebenfalls haben die Ermittlungen der Bundeswehr keinen Nachweis dafür erbracht, dass Soldatinnen an einer Tanzstange erotische Tanzbewegungen durchgeführt haben, geschweige denn hierzu von Vorgesetzten gezwungen und dabei 'betatscht' wurden", teilte die Staatsanwaltschaft mit.

Hinsichtlich der moralischen Bewertung der Vorgänge wollte sich Staatsanwalt Markus Engel unterdessen enthalten. Dies zu beurteilen, sei allein Aufgabe der Bundeswehr.

Diese war selbst nach internen Ermittlungen zu der Einschätzung gelangt, dass es kein strafbares Fehlverhalten gegeben habe. Die Einstellungsverfügung zu Vorwürfen in Bezug auf sexuelle Erniedrigung bestätige die von Anfang an getroffene Einschätzung der Bundeswehr, erklärte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums.

Im Übrigen läuft noch ein Verfahren gegen sieben Pfullendorfer Soldaten wegen des Verdachts der Freiheitsberaubung, Körperverletzung und Nötigung. Dieses hatte die Bundeswehr selbst durch eine Anzeige ins Rollen gebracht.

dpa/mam/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

Pfullendorf-Affäre: . In: Legal Tribune Online, 07.06.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/23128 (abgerufen am: 21.11.2024 )

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