Wenn Abgeordnete aus dem Landtag ausscheiden, rücken Ersatzkandidaten nach. Ziehen diese aber vor Eintritt des "Nachrückfalles" in ein anderes Bundesland, verlieren sie ihre Wählbarkeit und dürfen nicht in den Landtag einziehen.
Listenbewerber für die Landtagswahl, die in der Zeit zwischen dem Wahltag und dem Eintritt des "Nachrückfalles" ihren Hauptwohnsitz in ein anderes Bundesland verlegen, verlieren ihre Wählbarkeit. Dies hat der Verfassungsgerichtshof (VGH) Rheinland-Pfalz in Koblenz entschieden und die Wahlbeanstandung eines Listenbewerbers der CDU für die Landtagswahl am 13. März 2016 zurückgewiesen (Beschl. v. 19.03.2020, Az. W 6/20).
Nachdem ein Landtagsabgeordneter aufgrund seiner Wahl in das Europaparlament sein Mandat niedergelegt hatte, hätte der Ersatzkandidat eigentlich in den Landtag einziehen sollen. Der Landeswahlleiter berief allerdings einen anderen Kandidaten als Nachfolger des Abgeordneten. Grund dafür war, dass der Ersatzbewerber im Februar 2019 seine alleinige Wohnung in Hessen genommen hatte. Durch den Fortzug aus Rheinland-Pfalz habe er das Wahlrecht zum Landtag verloren, meinte der Wahlleiter.
Der VGH wies die – wegen der nicht fristgerechten Entscheidung des Wahlprüfungsausschusses des Landtags als Untätigkeitsbeschwerde statthafte – Wahlbeanstandung des Bewerbers zurück. Durch die Aufgabe seiner Hauptwohnung in Rheinland-Pfalz habe er das aktive und passive Wahlrecht zum Landtag verloren, so das Gericht. Genau wie bei Abgeordneten müsse die Sesshaftigkeit als Wählbarkeitsvoraussetzung auch bei noch nicht berufenen (Listen-)Bewerbern nicht nur am Wahltag selbst, sondern auch noch danach und ununterbrochen vorliegen.
Umzug kommt Verzicht "sehr nahe"
Verliere ein Nachfolger oder ein noch nicht zum Abgeordneten berufener Listenbewerber seine Wählbarkeit, so verliere er unmittelbar und unwiederbringlich auch seine durch die Wahl vermittelte anwartschaftsähnliche Rechtsposition auf Erwerb der Mitgliedschaft im Landtag, entschieden die Koblenzer Richter. Nur so werde laut Gericht gewährleistet, dass die mit dem Wahlakt festgelegte Reihenfolge für die Berufung der Ersatzpersonen und damit der verfassungsrechtliche Grundsatz der Unmittelbarkeit der Wahl eingehalten würden.
Zudem würde es nach Auffassung der Verfassungsrichter den formalen und strengen Regeln des Wahlrechts widersprechen, den Bestand der durch den Fortzug erlangten verbesserten Rangfolge des anderen Kandidaten davon abhängig zu machen, ob der Verzogene seine Wählbarkeit durch eine erneute Verlegung seiner Wohnung wieder herstelle. Die freiwillige Aufgabe der (Haupt-)Wohnung im Land Rheinland-Pfalz durch den Antragsteller komme einem Verzicht daher zumindest "sehr nahe", hieß es.
acr/LTO-Redaktion
VerfGH Rheinland-Pfalz verwirft Wahlbeanstandung: . In: Legal Tribune Online, 20.03.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/40977 (abgerufen am: 20.11.2024 )
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