Das VG Sigmaringen hatte die Klage eines Rottenburger Stadtrats gegen einen Ordnungsgeldbescheid des Gemeinderats der Stadt wegen Verletzung der Verschwiegenheitspflicht bei einem Grundstücksverkauf abgewiesen. Der VGH ließ die Berufung gegen dieses Urteil nicht zu, das damit rechtskräftig ist.
Das Ordnungsgeld sei zu Recht verhängt worden, so der Verwaltungsgerichtshof (VGH, Beschl. v. 02.09.2011, Az. 1 S 1318/11). Die Verschwiegenheitspflicht gelte unabhängig davon, ob der in nichtöffentlicher Sitzung getroffene Beschluss des Gemeinderats rechtmäßig oder rechtswidrig war.
Der Stadtrat hatte Einzelheiten eines durch den Gemeinderat der Stadt Rottenburg in nichtöffentlicher Sitzung beschlossenen Grundstücksverkaufs öffentlich gemacht hatte, weil er der Meinung war, dass das Grundstück weit unter Wert veräußert worden sei. Daraufhin beschloss der Gemeinderat in nichtöffentlicher Sitzung, gegen den Stadtrat wegen der Verletzung seiner Verschwiegenheitspflicht ein Ordnungsgeld in Höhe von 1.000 Euro zu verhängen. Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren hat der Stadtrat dagegen Klage erhoben. Dieser blieb der Erfolg versagt.
Der VGH hat jetzt die Berufung gegen das klageabweisende Urteil nicht zugelassen.
"Flucht in die Öffentlichkeit" zur Wahrung des Demokratiegebots zweifelhaft
Entgegen der Ansicht des Stadtrats sei - so die Richter - der Verstoß gegen die Verschwiegenheitspflicht auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer "Flucht in die Öffentlichkeit" als ultima ratio zur Wahrung des Demokratiegebots gerechtfertigt gewesen.
Es sei bereits zweifelhaft, ob einem Stadtrat ein solches Recht überhaupt zusteht. Jedenfalls hätte dieser zuvor anderweitig auf Abhilfe dringen müssen. Er habe jedoch weder dem Gemeinderat Gelegenheit zur Wahrung des Öffentlichkeitsgrundsatzes gegeben, noch die Aufsichtsbehörde eingeschaltet.
Da der Kläger bereits mehrmals auf seine Verschwiegenheitsverpflichtung hingewiesen worden sei und sich dennoch bewusst dafür entschieden habe, sie zu missachten, sei das Ordnungsgeld auch in der Höhe nicht unverhältnismäßig.
Nichtöffentliche Sitzung zum Wohle der Öffentlichkeit
Der Gemeinderat der Stadt Rottenburg habe über die Verhängung des Ordnungsgeldes und über den Widerspruch des Stadtrats ferner zu Recht in nichtöffentlicher Sitzung entschieden, so der VGH weiter. Da beabsichtigt gewesen sei, als Ordnungsgeld den Höchstbetrag von 1.000 Euro zu verhängen, sei nicht ausgeschlossen gewesen, dass seine persönlichen Einkommens- und Vermögensverhältnisse angesprochen würden.
Schließlich sei der Gemeinderat auch berechtigt gewesen, aus Gründen des öffentlichen Wohls in nichtöffentlicher Sitzung zu entscheiden. Denn es sei damit zu rechnen gewesen, dass der Kläger, wie von ihm angekündigt, die öffentliche Sitzung dazu nutzen würde, sich für den Pflichtenverstoß zu rechtfertigen.
Insoweit musste befürchtet werden, dass weitere Einzelheiten, die Gegenstand der nichtöffentlichen Sitzung und nach wie vor geheim zu halten waren, vom Kläger in der Öffentlichkeit dargestellt würden.
tko/LTO-Redaktion
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VGH Baden-Württemberg: . In: Legal Tribune Online, 13.09.2011 , https://www.lto.de/persistent/a_id/4280 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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