Umweltfreundlich sind Kunstrastenplätze nicht unbedingt. Das VG Stuttgart ließ dennoch den Neubau eines Fußballfeldes mit solchem zu. Ein Landwirt hatte dagegen geklagt, weil er seine benachbarten Ackerflächen in Gefahr sieht.
Das Verwaltungsgericht (VG) Stuttgart hat den Antag eines Landwirts im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes gegen den Neubau eines Fußballplatzes abgelehnt. Der Mann bewirtschaftet neben dem Gelände Felder, die durch Emissionen des geplanten Kunstrasens verschmutzt werden könnten, argumentierte er. Für diese Befürchtung gebe es aber bislang keine ausreichende Grundlage, entschied das Gericht (Beschl. v. 19.07.2019, Az. 2 K 4023/19).
Stein des Anstoßes ist das Granulat, welches auf den Kunstrasen aufgetragen wird. Darin ist Mikroplastik enthalten, das, so der Landwirt, durch den Wind aufgewirbelt und auf die benachbarten Felder geweht werden könnte. Gelange der Belag durch Auswaschungen in das Grundwasser, würden seine Grundstücke nachhaltig beeinträchtigt.
Dafür hatte der Bauer auch wissenschaftliche Expertise angeführt: Eine Studie des Fraunhofer-Instituts für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik und der Vorschlag der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA), in die REACH-Verordnung (1907/2006/EG) ein Inverkehrbringen von "bewusst zugesetztem" Mikroplastik aufzunehmen, belegten die Gefährlichkeit des Mikroplastiks. Damit wandte er sich gegen die Erteilung der Baugenehmigung für den neuen Sportplatz und forderte, deren Vollziehbarkeit auszusetzen.
Stadt muss Granulat möglicherweise nachträglich entfernen
Doch das VG wies sein Begehren zurück: Er sei vorraussichtlich schon gar nicht legitimiert, ein solches Verfahren gegen den Neubau zu betreiben, befand die 2. Kammer des VG. Das ergebe sich aus § 55 Abs. 2 Satz 2 der Landesbauordnung. Danach sei er präkludiert, da er als Angrenzer im Rahmen der Nachbarbeteiligung die Gelegenheit gehabt habe, seine Argumente vorzutragen. Diese habe er aber nicht wahrgenommen.
Scheitern müsse sein Antrag aber schon aus einem anderen Grund: Die Neufassung der EU-Verordnung, auf die sich der Landwirt stützte, sei weder bereits in Kraft getreten noch stehe fest, was darin stehen wird. Aus diesem Grund könne sich der Mann auch nicht darauf berufen, entgegnete das VG in seinem Beschluss. Derzeit finde diesbezüglich noch ein Konsultationsverfahren statt. Ein konkreter Änderungsvorschlag der Verordnung solle der Europäischen Kommission im Frühjahr 2020 vorgelegt werden und die anschließende Änderung voraussichtlich erst 2022 in Kraft treten.
Der Landwirt verlange also, dass die Stadt sich schon heute an mögliches künftiges Recht halten solle. Darauf bestehe aber kein Anspruch. Allerdings, hielt das VG fest, könne sich die Lage noch ändern, wenn das Mikroplastik tatsächlich als umweltschädlicher Stoff in der Verordnung klassifiziert werde. Somit gehe die Stadt das Risiko ein, ggf. nachträgliche Auflagen zu erhalten, die bereits verbauten Materialien zu ändern.
Warnungen vor einem möglichen Aus für Kunstrasenplätze wegen eines Mikroplastik-Verbots in der EU kommen aber aus Sicht des Bundesumweltministeriums ohnehin noch zu früh. "Ob die EU-Kommission ein Verbot von Plastik-Einstreumaterial für Kunstrasensportplätze vorschlagen wird, steht noch längst nicht fest", teilte ein Sprecher von Ministerin Svenja Schulze (SPD) am Montag mit. Grundsätzlich sei das Umweltministerium dafür, Mikroplastik zu vermeiden. Es habe aber auch "großes Interesse daran, dass Sportvereine ihren Spiel- und Trainingsbetrieb, insbesondere im Breiten- und Jugendsport, ohne Einschränkungen durchführen können".
mam/LTO-Redaktion
Mit Materialien von dpa
VG Stuttgart lehnt Eilantrag eines Landwirts ab: . In: Legal Tribune Online, 22.07.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/36627 (abgerufen am: 21.11.2024 )
Infos zum Zitiervorschlag