VG Berlin zum Schutz von Weihnachtsmärkten: Beton­poller muss der Staat bezahlen

28.11.2017

Der Schutz von Weihnachtsmärkten vor Terrorismus ist Aufgabe des Staates, so das VG Berlin. Daher müssten Veranstalter auch nicht für die Kosten von Betonbarrieren aufkommen.

Man sieht sie derzeit auf Weihnachtsmärkten in ganz Deutschland: Betonpoller, traurige Zeugen des Anschlags auf den Markt am Berliner Breitscheidplatz am 19. Dezember des vergangenen Jahres. Sie sollen verhindern, dass erneut ein Terrorist mit einem Fahrzeug in die Menschenmenge rasen kann. Doch wer zahlt für den Schutz? Der Staat, entschied das Verwaltungsgericht (VG) Berlin in einem Beschluss vom Dienstag (Beschl. v. 28.11.2017, Az. VG 24 L 1249.17).

Der Schutz seiner Bürger ist die genuine Aufgabe des Staates - soweit der staatstheoretische Grundsatz. Doch das Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin verlangte mit einem Bescheid im November von der Veranstalterin des Weihnachtsmarkts in Charlottenburg, selbst Vorrichtungen aufzustellen, um zu verhindern, dass Personen mit Kraftfahrzeugen unbefugt auf das Veranstaltungsgelände gelangen.

Die Veranstalterin weigerte sich, dem nachzukommen, weil es sich um eine staatliche Aufgabe handele. Daraufhin wurde die Behörde konkreter und gab ihr in einem weiteren Bescheid "zur Gewährleistung eines Grundschutzes gegen Überfahrten" auf, "Gegenstände aufzustellen, die in den Veranstaltungsbereich einfahrende Fahrzeuge ablenken oder zumindest abbremsen" könnten, z.B. in Form von Betonquadern als Barrieren. Ferner habe sie "im Bereich des Eingangs zum Veranstaltungsgelände ein bewegliches schweres Fahrzeug als mobile Komponente aufzustellen." Nachdem die Veranstalterin weiter nichts unternommen hatte, schritt das Amt schließlich selbst zur Tat und errichtete Betonpoller als Sperren. Hinsichtlich der Umsetzung war der Streit damit erledigt.

Anordnung auf Grünanlagengesetz gestützt

Gegen die Anordnung sowie die damit einhergegangene Androhung eines Zwangsgeldes jedoch zog die Veranstalterin im Wege des Eilrechtsschutzes vor das VG Berlin und hatte Erfolg: Die 24. Kammer entschied, dass sie nicht verpflichtet war, die Sicherungsmaßnahmen vorzunehmen.

Unzureichend war schon von vorne herein die Auswahl der Ermächtigungsgrundlage durch die Behörde: Diese hatte ihre Anordnung auf eine Norm im Grünanlagengesetz (GrünanlG) gestützt. Diese sei aber nur für nur Auflagen zum Schutz einer Grünanlage und spezifische Gefährdungen für eine solche einschlägig Darum gehe es hier allerdings nicht, stellte das Gericht klar.

Im allgemeinen Polizeirecht lasse sich jedoch ebenfalls keine Grundlage für die Anordnung finden. Die Veranstalterin könne nach dessen Grundsätzen nicht für die Maßnahmen herangezogen werden, da sie nicht in zurechenbarer Weise die Gefahr von Terroranschlägen verursache, sondern Dritte, so die Richter.

Auflagen sorgen für höhere Standmieten

Nicht verantwortliche Personen könnten aber nur dann polizeirechtlich in Anspruch genommen werden, wenn Polizei und Ordnungsbehörden nicht in der Lage seien, eine Gefahr selbst abzuwehren. Dies sei hier nicht der Fall, zumal sich die Veranstalterin schon im März 2017 mit Senatsverwaltung und Polizei in Verbindung gesetzt und das Thema angesprochen habe. Weiterhin sei die Anordnung auch zu unbestimmt formuliert.

Martin Pallgen, Sprecher der Berliner Senatsverwaltung für Inneres und Sport, sagte nach dem Urteil, an der grundsätzlichen Haltung habe sich nichts geändert: "Die Kosten für die Sicherheit müssen immer von verschiedenen Schultern getragen werden. Das gilt auch für privat organisierte Veranstaltungen wie Weihnachtsmärkte." Die Verwaltung werde sich die Urteilsbegründung genau ansehen. "Wichtig ist im Augenblick, dass die Märkte gut geschützt sind."

Die behördlichen Auflagen für die Veranstalter von Weihnachtsmärkten haben auch Folgen für die Budenbetreiber: Diese kritisieren, dass sie wegen der Auflagen mitunter um 20 Prozent höhere Standmieten als in den vergangenen Jahren zahlen müssten. Nach dem Anschlag auf den Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz gibt es vielerorts strengere Auflagen für die Organisatoren.

Der Berliner Bürgermeister Michael Müller (SPD) hatte ihnen am Montag bei der Eröffnung des dortigen Marktes eine Unterstützung von 100.000 Euro aus der Senatskasse für zusätzlichen Sicherheits-Kosten zugesichert.

mam/LTO-Redaktion

Mit Materialien von dpa

Zitiervorschlag

VG Berlin zum Schutz von Weihnachtsmärkten: . In: Legal Tribune Online, 28.11.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/25733 (abgerufen am: 22.11.2024 )

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