Die Ermittlungen gegen die mutmaßlich ehemalige RAF-Terroristin Klette sind offiziell abgeschlossen und die Staatsanwaltschaft hat Anklage erhoben. Ob und wann ein Verfahren stattfinden wird, wird aber wohl erst im nächsten Jahr entschieden.
Bis Ende November wollte die Staatsanwaltschaft ihre Ermittlungen gegen die mutmaßliche frühere RAF-Terroristin Daniela Klette abgeschlossen haben. Nun ging es sogar noch etwas schneller. Wie die Staatsanwaltschaft bestätigte, ist gegen Klette Anklage erhoben worden. Der in Haft sitzenden 66-Jährigen wird unter anderem versuchter Mord im Zusammenhang mit 13 Überfällen vorgeworfen. Weiter werfen die Ermittler im niedersächsischen Verden ihr unerlaubten Waffenbesitz sowie versuchten und vollendeten schweren Raub vor. Die Verteidigung hatte die Ermittlungen zuvor kritisiert und auf erhebliche Mängel in der Anklage verwiesen.
Schon seit vielen Jahren ermittelt die Staatsanwaltschaft Verden gegen die 66-Jährige und ihre mutmaßlichen Komplizen Ernst-Volker Staub und Burkhard Garweg. Nach den anderen beiden Verdächtigen wird den Angaben nach weiter gefahndet. Das Trio soll zwischen 1999 und 2016 Geldtransporter und Supermärkte in Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein überfallen haben, um ihr Leben im Untergrund zu finanzieren.
Insgesamt sollen sie bei den Taten 2,7 Millionen Euro erbeutet haben. Ihre Opfer bedrohten sie laut Anklage meist mit Schusswaffen oder Elektroschockern. Klette war den Angaben nach meist die Fahrerin des Fluchtautos. Gegen die Verdächtigen wird auch wegen versuchten Mordes ermittelt, weil bei einem Überfall in Stuhr südlich von Bremen Schüsse fielen. Bei Klettes Festnahme am 26. Februar wurden unter anderem eine Kalaschnikow und eine Panzerfaustgranate in ihrem Wohnhaus gefunden.
Verteidigung beklagt öffentliche Vorverurteilung
Daniela Klette soll der sogenannten dritten Generation der linksextremistischen Roten Armee Fraktion (RAF) angehört haben. 1998 erklärte sich die RAF, die mehr als 30 Menschen tötete, für aufgelöst. Die angeklagten Taten in der Region hatten aber keinen terroristischen Hintergrund, wie die Ermittler betonen.
Die Verteidigung sprach von einer "öffentlichen Vorverurteilung" ihrer Mandantin und kritisierte die Ermittlungsbehörden. "Die Anklage weist erhebliche Mängel auf", teilten die Anwälte der dpa am Freitag mit. So ginge aus den Ermittlungsergebnissen kein versuchter Mord bei der Tat in Stuhr hervor, weil nicht gezielt auf den Fahrer des Geldtransporters geschossen worden sei.
Das Landgericht Verden muss nun entscheiden, ob die Anklage zugelassen wird. Laut einer Sprecherin wird diese Entscheidung voraussichtlich nicht mehr in diesem Jahr fallen. Unklar ist weiterhin der mögliche Prozessort. Denn: In der 28.000 Einwohner-Stadt Verden fehlt es an passenden Räumlichkeiten. Schon seit Monaten läuft daher die Suche. Die Ermittler gehen von einer großen Anzahl an Nebenklägern, Zeugen und Sachverständigen aus. Außerdem müssen hohe Sicherheitsstandards eingehalten werden.
Kein Besuch für Klette in der JVA
Ende Februar nahmen Ermittler Klette in Berlin-Kreuzberg fest, wo sie unter falschem Namen lebte. Sie sitzt seit ihrer Festnahme im Frauengefängnis in Vechta, die Untersuchungshaft wurde bereits einmal verlängert. Anfang Oktober hatte der BGH ehemaligen RAF-Mitgliedern untersagt, Klette dort zu besuchen. Zu groß sei die Gefahr von Fluchtabsprachen. Einer von Klettes Anwälten, Lukas Theune, kritisierte die Beschlüsse als eine "Isolation in nicht mehr hinnehmbaren Maße".
Klette bestreitet öffentlich, Mordversuche begangen zu haben, und spricht von staatlicher "Denunziation" und "Medienhetze".
Bei Durchsuchungen in ihrer Wohnung fanden Polizisten nach eigenen Angaben unter anderem eine Attrappe einer Handgranate, Waffen, Handschelle, Sturmhauben, ein Kilogramm Gold, mehr als 240.000 Euro Bargeld, digitale Medien sowie Fotos. Die Ermittler beschlagnahmten kurz nach Klettes Festnahme auch einen Bauwagen in Berlin-Friedrichshain, wo Garweg unter dem Decknamen Martin gelebt haben soll.
Weitere Ermittlungen der Bundesanwaltschaft
Gegen Klette, Staub und Garweg bestehen auch Haftbefehle wegen des Verdachts der Beteiligung an Terroranschlägen. Die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe wirft Klette versuchten Mord in zwei Fällen sowie Mittäterschaft bei Sprengstoffexplosionen bei drei Anschlägen der RAF in der Zeit von Februar 1990 bis März 1993 vor. Die Mitgliedschaft in der RAF an sich ist inzwischen verjährt.
Zu diesem Komplex wird eine weitere Anklage und damit auch ein weiterer Gerichtsprozess gegen Klette erwartet.
dpa/lmb/LTO-Redaktion
Nach jahrelangen Ermittlungen: . In: Legal Tribune Online, 11.11.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/55829 (abgerufen am: 13.11.2024 )
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