VG Berlin weist Klage zurück: Kein Mäd­chen im Kna­ben­chor

16.08.2019

Der Staats- und Domchor zu Berlin darf sich seine Sänger selbst aussuchen, was auch das Recht umfasse, weibliche Bewerber abzuweisen, so das VG Berlin. Die Klage eines Mädchens, das im Knabenchor mitsingen wollte, blieb erfolglos.

Der Knabenchor des Staats- und Domchors zu Berlin darf weibliche Bewerber ablehnen. Zu diesem Ergebnis kam das Verwaltungsgericht Berlin (VG) am Freitag (Urt. v. 16.08.2019, Az. VG 3 K 113.19) und wies damit die Klage eines 9-jährigen Mädchens ab, welches sich in den Knabenchor einklagen wollte.

Die Mutter der Mädchens, gleichzeitig auch dessen Anwältin, hatte argumentiert, dass der Chor als öffentliche Einrichtung zur Gleichbehandlung verpflichtet sei. Die Unterschiede zwischen Mädchen- und Jungenstimmen seien nicht so gravierend wie immer wieder dargestellt. Das hätten auch Untersuchungen ergeben.

Dem widersprach jedoch Chorleiter Kai-Uwe Jirka und betonte, dass die Geschlechterfrage bei der Entscheidung gar keine Rolle gespielt habe. Dem Mädchen fehlten vielmehr die Voraussetzungen für ein Spitzenensemble, das etwa mit den Berliner Philharmonikern und dem Konzerthausorchester Berlin auftritt, hieß es auch in einer an die Mutter gerichtete Begründung der Entscheidung Jirkas. Darin wurde dem Mädchen zwar eine gute Stimme, aber kein Spitzentalent bescheinigt. Ebenso fehle dem Kind die nötige Motivation, um in einem Chor zu singen, hieß es darin.

VG: Chor darf sein Klangbild selbst bestimmen

Die Stimme eines Jungen sei bis zum Stimmbruch mit etwa 13 Jahren außerdem unvergleichbar mit der Stimme eines Mädchens, die sich früher (und nicht so extrem) verändere. Dank Körperwachstum und einiger Testosteronschübe klinge die Jungenstimme dann am schönsten - "ein letzter Schwanengesang", bevor sie dann ins Krächzen übergehe, so Jirka vor Gericht.

Mit ihrer Argumentation, diese Gründe seien nur vorgeschoben, konnte die Mutter des Mädchens das Gericht nicht überzeugen. Vielmehr gingen, so das Gericht, die Kunstfreiheit und das Recht des Chores, sich seine Sänger selbst aussuchen zu dürfen, vor. Das beinhalte auch, die Ausrichtung und das Klangbild eines Chores - hier als Knabenchorklang - zu bestimmen.

Denn auch wenn das keine spezifische Anknüpfung an das biologische Geschlecht bedeute, führe das Anstreben eines solchen Chorklangbildes dazu, dass aufgrund bestehender anatomischer Unterschiede dieser Klang ungleich häufiger von Jungen als von Mädchen erzeugt werden könne, heißt es in der Mitteilung des Gerichts. In diesem speziellen Bereich überwiege deshalb die Kunstfreiheit in der Abwägung das Recht, eine mittelbare Ungleichbehandlung abwehren zu können. Dies gelte umso mehr, da das Mädchen gerade nicht aufgrund seines Geschlechts, sondern wegen seiner Stimme abgelehnt worden sei.

dpa/tik/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

VG Berlin weist Klage zurück: . In: Legal Tribune Online, 16.08.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/37103 (abgerufen am: 21.11.2024 )

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