Die Berliner Polizei darf friedliche Protestaktionen und Demonstranten künftig verdachtsunabhängig und ohne Einwilligung der Betroffenen nicht mehr filmen. Dies entschied das VG Berlin in einem am Montag zugestellten Urteil und erklärte damit die langjährige Praxis der Polizei für rechtswidrig.
Anlass der Entscheidung war eine durch die Berliner Polizei gefilmte Anti-Atomkraft-Demo im September 2009 in Berlin, bei der zehntausende Menschen friedlich gegen die Nutzung von Kernenergie protestiert hatten. Gegen diese Filmaufnahmen hatten eine Bürgerinitiative und eine Privatperson geklagt. Die Polizei begründete ihre Videoaufnahmen damit, dass sie Informationen für ihre Einsatzplanung gewinnen wollte.
Nach dem Bundesversammlungsgesetz, das in Berlin und vielen anderen Bundesländern gilt, die kein eigenes Versammlungsgesetz haben, dürfen Polizisten Demonstrationen jedoch nur filmen, wenn von den Teilnehmern erhebliche Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgehen. Eine solche Gefahr ging aber von den gefilmten Demonstranten in Berlin nicht aus.
Mangels gesetzlicher Grundlage werteten die Richter des Verwaltungsgerichts (VG) Berlin daher die Aufzeichnungen als unzulässigen Eingriff in das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit. Sympathisanten könnten sich durch die Videoaufzeichnungen abschrecken lassen, an Demonstrationen teilzunehmen (Az. 1K 905.09).
Das Urteil hat auch für andere Bundesländer grundsätzliche Bedeutung, sofern sie Filmaufnahmen durch das Bundesversammlungsgesetz rechtfertigen wollen. Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig.
VG Berlin: . In: Legal Tribune Online, 28.07.2010 , https://www.lto.de/persistent/a_id/1073 (abgerufen am: 03.11.2024 )
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