Die Hauptdienststelle des Bundesverteidigungsministeriums bleibt in Bonn. Zwar arbeiten mittlerweile mehr als die Hälfte der Beschäftigten in Berlin – über einen Wechsel entscheide aber allein die Bundesregierung, so das VG Berlin.
Die Hauptdienststelle des Bundesministerium für Verteidigung (BMVg) hat ihren Sitz weiterhin in Bonn. Das hat das Verwaltungsgericht (VG) Berlin in einem personalvertretungsrechtlichen Verfahren entschieden (Beschl. v. 10.09.2019, Az. 71 K 4.19 PVB).
Der Rechtsstreit mutet zwar auf den ersten Blick an wie eine personalvertretungsrechtliche Spezialfrage, dahinter verbirgt sich aber der andauernde Streit um die (Noch-)Bedeutung der Ex-Hauptstadt Bonn im Verhältnis zu Berlin.
Nach dem Berlin/Bonn–Gesetz aus dem Jahr 1994 und dem darauf beruhenden Beschluss der Bundesregierung befindet sich der Dienstsitz des BMVg in Bonn. Ein weiterer Dienstsitz besteht in Berlin. Inzwischen wurden zahlreiche Stellen und Aufgaben des Ministeriums nach Berlin verlagert. Von den rund 2.800 Beschäftigten des Ministeriums arbeiten inzwischen etwas mehr als die Hälfte in Berlin. Die Frage, die vor dem VG im Hintergrund mitverhandelt wurde: Existiert das Berlin/Bonn-Gesetz nur noch auf dem Papier, ist in Wirklichkeit von seinen Versprechungen nichts mehr übrig?
Die Dienststelle in Berlin galt in personalvertretungsrechtlicher Sicht bislang als Nebenstelle, bei der ein eigener Personalrat gewählt wurde. Mit Blick auf die Wahlen zur Personalvertretung im nächsten Jahr wollte der Berliner Personalrat die Feststellung erreichen, dass Berlin inzwischen Hauptsitz der Dienststelle geworden ist und sich in Bonn nur eine Nebenstelle befindet.
Die Kammer wies den Antrag des Personalrats in Berlin jedoch zurück. Das VG sei zwar örtlich für die Entscheidung zuständig, weil sich auch in Berlin ein Dienstsitz befindet. Laut Gericht obliege die Entscheidung, wo sich der Hauptsitz des Bundesministeriums befindet, aber allein der Bundesregierung. Die Entscheidung über die Sitzfestlegung sei nach wie vor gültig und ausdrücklich für Rechts- und Verwaltungsvorschriften bestimmend, die an den Sitz der Behörde anknüpfen. Solange der Dienstsitz in Bonn als Dienststelle im Sinne des Bundespersonalvertretungsrechts fortbestehe, ändere eine lediglich faktische Verlagerung der Schwerpunkte oder der Beschäftigtenzahlen nichts daran, so das VG.
Im Vorfeld der Entscheidung gab es medial ein regelrechtes Wettbieten, welche Einrichtungen noch in Bonn übrig sind. Der Bonner Generalanzeiger hielt dem Berliner Tagesspiegel vor, dass in einem seiner Beiträge fälschlicherweise geschrieben wurde, der Ministerialbungalow auf der Bonner Hardthöhe sei abgerissen worden und der Besucherdienst nur noch ein Tele-Arbeitsplatz. Vielmehr sei bei der Aufzählung der Sanitätsbereich, die Zentraldruckerei, und das Rechenzentrum des Bundeswehr, sowie der Fuhrpark außer Acht geblieben. Auf die faktische Verteilung komme es laut VG nun aber gar nicht an.
*Der rechtliche Vertreter des klagenden Berliner Personalrats, der Verwaltungsrechtler Prof. Dr. Ulrich Battis, kritisiert die Entscheidung und sieht ein juristisches Mißverständnis. "Das Berlin/Bonn-Gesetz legt den Dienstsitz fest, nicht den Sitz der Dienststellenleitung", so Battis zu LTO. Diese Entscheidung obliege der Ministerin, nicht der Bundesregierung, maßgeblich sei das Ressort- statt dem Kabinettsprinzip. "Das Betriebsverfassungsgesetz schreibt ausdrücklich vor, dass der Betriebsrat am Sitz der Betriebsleitung angesiedelt ist. Betriebsleitung im übertragenen Sinne ist hier die Dienststellenleitung." Möglicherweise ist der Streit mit der Entscheidung des VG Berlin noch nicht abgeschlossen.
Gegen die Entscheidung ist die Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg zulässig.
acr/kus/LTO-Redaktion
*ergänzt durch die Einschätzung des Klagevertreters, Redaktion am 10.09.2019, 16.02 Uhr.
VG Berlin zur Hauptdienststelle des BMVg: . In: Legal Tribune Online, 10.09.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/37539 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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