2/2 "Verfahren gegen die Pressefreiheit"
Der Beauftragte für Medienfreiheit der OSZE, Harlem Désir, teilte mit: "Ich fordere die Türkei hiermit auf, alle Anschuldigungen fallenzulassen, alle Journalisten, die wegen ihrer Arbeit inhaftiert worden, freizulassen, und dringend benötigte Reformen einzuleiten, um die Medienfreiheit im Land zu schützen." ROG-Geschäftsführer Christian Mihr sagte der Deutschen Presse-Agentur, das Verfahren richte sich nicht nur gegen die Angeklagten und die Zeitung, sondern gegen die Pressefreiheit.
Mihr fügte hinzu, die Beschuldigung, Terrororganisationen zu unterstützen, sei inzwischen "der Standardvorwurf gegen alle, die unabhängig berichten". Kritische Journalisten stünden unter enormem Druck, "weil jeder damit rechnen muss, morgen der Nächste zu sein, der im Gefängnis landet aufgrund absurder und nicht zu haltender Vorwürfe".
Mihr gehört zu mehreren internationalen Beobachtern des Prozesses. Er beteiligte sich zuvor mit einigen Dutzend Unterstützern der Angeklagten an einer Demonstration vor dem Gerichtsgebäude.
Anwälte von Menschenrechtler Peter Steudtner legen Einspruch ein
Der SPD-Europaabgeordnete Arne Lietz forderte in Istanbul am Rande des Prozesses die Freilassung aller inhaftierten Journalisten, Menschenrechtler und Politiker in der Türkei. Seine Grünen-Kollegin Rebecca Harms sprach von einer "Massenverfolgung" von Kritikern von Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan. "Es geht darum, Angst und Schrecken zu verbreiten", sagte Harms der dpa am Rande des Prozesses. "Man möchte die Leute demotivieren, die Leute davon abhalten, sich Erdogans Politik zu widersetzen. Die Verfolgung der Presse spielt dabei eine ganz besondere Rolle."
Auf der Rangliste der Pressefreiheit von ROG liegt die Türkei auf Platz 155 von 180. Nach Angaben der Europäischen Journalistenvereinigung sind dort inzwischen mehr als 150 Journalisten hinter Gittern - mehr als in jedem anderen Land der Welt. Dazu gehört auch der deutsch-türkische Welt-Korrespondent Deniz Yücel, der seit Februar in U-Haft sitzt - ohne Anklageschrift. Zuletzt wurde gegen sechs Menschenrechtler Untersuchungshaft verhängt, darunter der Deutsche Peter Steudtner.
Steudtners Anwälte legten unterdessen Einspruch gegen die Untersuchungshaft ein. Anwalt Murat Boduroglu vom zuständigen Kanzleiteam sagte der dpa, er rechne mit einer Entscheidung des Istanbuler Gerichts spätestens an diesem Dienstag. Erstmals hätten am Montag Vertreter des deutschen und des schwedischen Generalkonsulats Zugang zu Steudtner und Gharavi in der U-Haft bekommen. Das wurde dpa aus diplomatischen Kreisen bestätigt.
dpa/mgö/LTO-Redaktion
Verhaftungen von Journalisten in der Türkei: . In: Legal Tribune Online, 24.07.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/23587 (abgerufen am: 23.11.2024 )
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