Durchgriff der Bundesanwaltschaft: Ein Libyer mit IS-Kontakten soll einen Anschlag auf die israelische Botschaft in Berlin geplant haben. Nun wurde der Haftbefehl gegen ihn in Vollzug gesetzt.
Ein mutmaßlicher Unterstützer der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) steht im Verdacht, einen Anschlag auf die israelische Botschaft in Deutschland geplant zu haben. Am vergangenen Sonntag setzte der Ermittlungsrichter beim Bundesgerichtshof (BGH) den Haftbefehl gegen ihn in Vollzug, nachdem er am Samstag festgenommen worden war. Laut einer Sprecherin des Generalbundesanwalts befindet sich der Beschuldigte nun in Untersuchungshaft, die nach § 112 Abs. 1 S. 1 Strafprozessordnung (StPO) angeordnet werden kann, wenn ein dringender Tatverdacht besteht und ein Haftgrund vorliegt.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sprach von einem "feigen Anschlagsplan", der verhindert worden sei. Innenministerin Nancy Faeser wies auf die hohe Terrorgefahr in Deutschland hin und betonte die Bedeutung des Schutzes jüdischer und israelischer Einrichtungen. "Wir handeln mit höchster Wachsamkeit und Aufmerksamkeit angesichts der hohen Bedrohungslage durch islamistische, antisemitische und israelfeindliche Gewalt", sagte die SPD-Politikerin.
Der Fall heizt die Debatte über die Maßnahmen zum Schutz vor Terror in Deutschland neu an. Politiker von CDU und Grünen forderten mehr Mittel für die Sicherheitsbehörden. Die SPD rief die Union dazu auf, ihre Ablehnung des sogenannten Sicherheitspakets der Ampel-Regierung aufzugeben.
Der tatverdächtige Libyer wurde am Samstag in Bernau bei Berlin festgenommen. Zur Planung des Anschlags hatte er sich in einem Messenger-Chat mit einem IS-Mitglied ausgetauscht, wie die Bundesanwaltschaft mitteilte. In der Folge wurden sowohl seine Wohnung als auch die eines nicht tatverdächtigen Komplizen im nordrhein-westfälischen Rhein-Sieg-Kreis durchsucht. Am Sonntag wurde der Mann dem Ermittlungsrichter vorgeführt.
Asylantrag des Verdächtigen abgelehnt
Bei dem Verdächtigen handelt es sich um einen abgelehnten Asylbewerber, der laut Informationen der Bild-Zeitung 28 Jahre alt ist und im November 2022 nach Deutschland eingereist sein soll. Im Januar 2023 stellte er einen Asylantrag, dessen Ablehnung acht Monate später erfolgte. Gegen diese Ablehnung legte er jedoch keine Klage ein.
Für Libyen gilt bundesweit kein genereller Abschiebestopp. Sollte ein Asylbewerber nicht freiwillig ausreisen, gestaltet sich eine Abschiebung jedoch schwierig, da in dem nordafrikanischen Land nur teilweise funktionierende staatliche Strukturen vorhanden sind.
Botschafter macht "muslimischen Antisemitismus" verantwortlich
Der israelische Botschafter Ron Prosor dankte den deutschen Sicherheitsbehörden und kritisierte den "muslimischen Antisemitismus" in Deutschland und darüber hinaus. Dieser beschränke sich seiner Meinung nach nicht nur auf hasserfüllte Rhetorik, sondern fördere auch den weltweiten Terrorismus. Prosor betonte, dass die Mitarbeiter der israelischen Botschaft besonders gefährdet seien, da sie an vorderster Front der Diplomatie stünden.
Seit dem Angriff islamistischer Terroristen auf Israel am 7. Oktober 2023 und dem Beginn des Gaza-Kriegs ist in Deutschland ein Anstieg antisemitischer Vorfälle zu verzeichnen. Bereits Anfang September kam es in der Nähe des israelischen Generalkonsulats in München zu einem Schusswechsel zwischen einem 18-jährigen Österreicher und der Polizei. Auch hier gehen die Ermittler von einem versuchten Terroranschlag des getöteten Schützen aus.
Hinweis kam von ausländischem Nachrichtendienst
Der Hinweis auf den mutmaßlichen Attentäter soll von einem ausländischen Nachrichtendienst stammen. Wie konkret die Pläne des Verdächtigen waren, wird sich voraussichtlich erst nach der Auswertung der bei den Durchsuchungen aufgefundenen Gegenstände zeigen. Die Sicherheitsbehörden haben in diesem sowie in anderen vergleichbaren Fällen der jüngeren Vergangenheit schnell reagiert.
Die Sicherheitsvorkehrungen an den jüdischen und israelischen Einrichtungen in Berlin wurden zunächst nicht weiter verschärft. Die Polizei erklärte, dass diese bereits auf einem hohen Niveau seien. Derzeit würden mehr als 160 Objekte bewacht, sagte Sprecherin Beate Ostertag. Für die israelische Botschaft gelte generell ein "maximal hohes Level". Die Festnahme habe zunächst keine Änderungen in der Lage mit sich gebracht. Die Berliner Polizei bewertet die Situation jedoch kontinuierlich neu und steht dazu im Austausch mit nationalen und internationalen Behörden.
Buschmann spricht von "sehr ernster" Terrorgefahr
Justizminister Marco Buschmann (FDP) warnte vor einer "sehr ernsten" Terrorgefahr in Deutschland. Man werde weiterhin "alles daran setzen, dass die gefährlichen Pläne der Israel-Hasser und Antisemiten nicht aufgehen", sagte er der Deutschen Presse Agentur.
Der stellvertretende Grünen-Fraktionsvorsitzende Konstantin von Notz forderte in der Welt mehr Geld und Personal für die Sicherheitsbehörden. "Angesichts der aktuellen Herausforderungen müssen wir darüber reden, unsere Nachrichtendienste massiv finanziell, personell und technisch zu stärken. Eine Zeitenwende braucht es auch hier."
Ähnlich äußerte sich der CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter. "Es wäre wichtig, Fähigkeitslücken zu schließen und gesetzliche Regelungen zu verändern, um eine zeitgemäße Aufklärung zu ermöglichen und die Abhängigkeiten von Partnerdiensten zu reduzieren", sagte er dem Tagesspiegel. Das aktuelle "Sicherheitspaket" der Ampel-Regierung wertete er als wirkungslos bei konkreten Anschlagsplanungen.
Kanzler Scholz forderte die Union dagegen auf, dem Paket im Bundesrat zuzustimmen. Die Sicherheitsbehörden würden damit gestärkt. "Es ist wichtig, dass der Bundesrat die noch ausstehenden Punkte jetzt auch schnell freigibt", schrieb er auf der Plattform X.
dpa/xp/LTO-Redaktion
Geplanter Terroranschlag?: . In: Legal Tribune Online, 21.10.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/55677 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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