Verhaftungen von Journalisten in der Türkei: Cumhu­riyet-Pro­zess hat begonnen

24.07.2017

Seit Monaten sitzen Mitarbeiter der türkischen Zeitung Cumhuriyet in U-Haft. Nun wird ihnen der Prozess gemacht - wegen Terrorunterstützung. Reporter ohne Grenzen sieht darin einen "Standardvorwurf gegen alle, die kritisch berichten".

Mehr als 250 Tage nach ihrer Inhaftierung hat in Istanbul der Prozess gegen zahlreiche Mitarbeiter der regierungskritischen türkischen Zeitung Cumhuriyet begonnen. Der Auftakt am Montag in Istanbul wurde von scharfer internationaler Kritik begleitet. Reporter ohne Grenzen (ROG) nannte die Vorwürfe gegen die Cumhuriyet-Angeklagten "absurd". Auch die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) forderte ein sofortiges Ende des Verfahrens wegen Unterstützung von Terrororganisationen und die Freilassung der Inhaftierten.

Angeklagt sind insgesamt 17 Cumhuriyet-Mitarbeiter: Elf der zwölf Mitarbeiter in Untersuchungshaft, fünf weitere Mitarbeiter der Zeitung, die noch auf freiem Fuß sind, sowie Ex-Chefredakteur Can Dündar. Dündar lebt im Exil in Deutschland. Vor Gericht müssen sich unter anderem der derzeitige Chefredakteur Murat Sabuncu, Cumhuriyet-Herausgeber Akin Atalay und der Investigativjournalist Ahmet Sik verantworten. Nach Angaben von ROG drohen den Angeklagten bis zu 43 Jahre Haft.

Anklage wegen Terrorunterstützung

Nach Angaben ihrer Anwälte wird ihnen allen Unterstützung von Terrororganisationen wie der kurdischen Arbeiterpartei PKK, der Gülen-Bewegung (Fetö) oder der linksextremen DHKP-C vorgeworfen. Die Regierung macht die Bewegung des in den USA lebenden Predigers Fethullah Gülen für den Putschversuch vom 15. Juli 2016 verantwortlich.

In der Anklageschrift wird der damalige Chefredakteur Dündar unter anderem beschuldigt, die Blattlinie geändert zu haben. Die Zeitung habe unter seiner Führung die "Terrororganisationen" verteidigt, heißt es. Als Indizien werden unter anderem Artikel angeführt. Etwa ein Bericht aus dem Jahr 2015, in dem die Cumhuriyet geheime Informationen veröffentlichte, die Waffenlieferungen der Regierung an Rebellen in Syrien belegen sollen. Dafür wurden Dündar und der Hauptstadtbüroleiter Erdem Gül in einem anderen Verfahren schon zu mehrjährigen Haftstrafen wegen Geheimnisverrats verurteilt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Auch Twitter-Nachrichten der Journalisten werden in der Anklage aufgeführt. Im Fall des Investigativ-Journalisten Sik etwa mehrere, die den Konflikt zwischen der Regierung in Ankara und der PKK im Südosten des Landes thematisieren.

Zitiervorschlag

Verhaftungen von Journalisten in der Türkei: . In: Legal Tribune Online, 24.07.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/23587 (abgerufen am: 23.11.2024 )

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