Die Rechtspflicht zur Publikation veröffentlichungswürdiger Entscheidungen umfasst auch Strafbefehle. So entschied es der BayVGH am Montag und bejahte den Auskunftsanspruch eines Journalisten.
Ein Journalist beantragte beim Amtsgericht (AG) Erding die Übersendung eines Strafbefehels in anonymisierter Form. Das Gericht lehnte den Antrag allerdings ab. Strafbefehle seien nicht von der Rechtspflicht der Gerichte, Urteile zu veröffentlichen, umfasst.
Grundsätzlich ist die Publikationspflicht der Gerichte allgemein anerkannt. Besteht ein öffentliches Interesse an Entscheidungen, sind diese in anonymisierter Form zugänglich zu machen. Dies dient der Transparenz des Rechtsstaates, dem Bürger soll es möglich sein, nachzuvollziehen, wie Gerichte die Gesetze in Entscheidungen konkretisieren. Da im Rahmen eines Strafbefehlsverfahrens keine mündliche Verhandlung stattfindet, bestehe - anders als bei Strafurteilen - aber keine Publikationspflicht zur Veröffentlichung, argumentierte das AG.
Entscheidend ist das öffentliche Interesse an der Entscheidung
Der Journalist wandte sich daraufhin an das Verwaltungsgericht (VG) München - mit Erfolg. Das Gericht veruteilte den Freistaat Bayern als Rechtsträger des AG, den Strafbefehl innerhalb einer Woche nach Rechtskraft der Entscheidung in anonymisierter Form an den Journalisten herauszugeben. Weil aber der vom Strafbefehl Betroffene gegen diese Entscheidung Beschwerde einlegte, musste sich nun auch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) mit der Sache beschäftigen.
Dieser hat nunmehr mit seinem Beschluss (Beschl. v. 15.05.2023, Az. 7 CE 23.666) die Entscheidung der Vorinstanz bestätigt: Die Rechtspflicht zur Publikation veröffentlichungswürdiger Gerichtsentscheidungen umfasse auch Strafbefehle. Das Verwaltungsgericht München sei ferner zutreffend zu dem Ergebnis gekommen, dass dem Informationsinteresse des Journalisten im konkreten Einzelfall der Vorzug gegenüber dem Geheimhaltungsinteresse des Beigeladenen zukomme. Zu berücksichtigen sei auch, dass der Strafbefehl hier die geschäftlichen Beziehungen des Beigeladenen zu Dritten betreffe und damit der im Vergleich zur Intim- oder Privatsphäre weniger schutzwürdigen Sozialsphäre zuzurechnen sei. Insofern sei der presserechtliche Auskunftsanspruch zu bejahen.
lmb/LTO-Redaktion
BayVGH bejaht Auskunftsanspruch eines Journalisten: . In: Legal Tribune Online, 17.05.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/51794 (abgerufen am: 20.11.2024 )
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