OVG Münster zum Steuergeheimnis: Insol­venz­ver­walter darf Steuer­un­ter­lagen sichten

25.11.2015

Insolvenzverwalter können vom Finanzamt Einsicht in die den insolventen Schuldner betreffenden steuerlichen Unterlagen verlangen. Das Steuergeheimnis steht dem nicht entgegen, entschied das OVG Münster am Mittwoch in mehreren Verfahren.

In den vier zugrunde liegenden Verfahren hatten Insolvenzverwalter unter Berufung auf das Informationsfreiheitsgesetz Nordrhein-Westfalen (IFG NRW) beim jeweils zuständigen Finanzamt beantragt, ihnen die Steuerkontoauszüge des Insolvenzschuldners zu näher bezeichneten Zeiträumen zur Verfügung zu stellen. Mit den Unterlagen wollten sie ermitteln, ob Zahlungen auf Steuerschulden gegebenenfalls der Insolvenzanfechtung unterliegen.

Nachdem der 8. Senat des Oberverwaltungsgerichtes (OVG) Münster bereits im Jahr 2011 entschieden hatte, dass sich ein derartiger Anspruch aus dem IFG NRW ergibt, hatten die Klagen der Insolvenzverwalter in erster Instanz Erfolg. Mit den dagegen eingelegten Berufungen machte das beklagte Land geltend, die Herausgabe der Steuerkontoauszüge verletze das Steuergeheimnis – jedoch ohne Erfolg. Der Senat hielt an seiner bisherigen Rechtsprechung fest.

Zur Begründung führte der Vorsitzende aus, der Anspruch werde nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Abgabenordnung (AO) keinen Akteneinsichtsanspruch im Steuerverwaltungsverfahren vorsehe. Das Steuergeheimnis nach § 30 AO stehe der Offenbarung der steuerlichen Verhältnisse des insolventen Schuldners gegenüber dem Insolvenzverwalter nicht entgegen.

Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens gehe das Recht des Schuldners, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verwalten und über es zu verfügen, auf den Insolvenzverwalter über. Das schließe auch die Verfügungsbefugnis über Informationen beziehungsweise "Geheimnisse" ein, deren Kenntnis zur Verwaltung der Insolvenzmasse und sachgerechten Wahrung der Gläubigerrechte erforderlich sei. Nach § 97 InsO sei der Schuldner ohnehin verpflichtet, dem Insolvenzverwalter über alle das Verfahren betreffenden Verhältnisse Auskunft zu geben. Aus diesen Regelungen sei insgesamt zu schließen, dass das Steuergeheimnis bei einer Herausgabe der Steuerkontenauszüge an den Insolvenzverwalter nicht berührt werde, soweit diese die Insolvenzmasse beträfen (Urt. v. 25.11.2015, Az. 8 A 1032/14, 8 A 1073/14, 8 A 1074/14, 8 A 1126/14)

Der Senat hat die Revision zum Bundesverwaltungsgericht zugelassen.

mbr/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

OVG Münster zum Steuergeheimnis: . In: Legal Tribune Online, 25.11.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/17651 (abgerufen am: 17.11.2024 )

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