Nach den Neuregelungen über verkaufsoffene Sonntage in NRW war eine Sonntagsöffnung in Mönchengladbach rechtmäßig, so das OVG in Münster. Die Regelungen stünden aber im Widerspruch zur BVerwG-Rechtsprechung, betonte der Senat.
Im Streit um verkaufsoffene Sonn- und Feiertage hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) Nordrhein-Westfalen in Münster im ersten Hauptsacheverfahren zum neuen Ladenöffnungsgesetz (LÖG) NRW entschieden und dabei Grundsätzliches zu der Neuregelung über verkaufsoffene Sonntage ausgeführt. Wenn Veranstaltungen einen "beträchtlichen Besucherstrom" anzögen und die Läden im Wesentlichen im unmittelbaren Umfeld der Veranstaltung geöffnet würden, sei das auch ohne eine vorherige Prognose der Besucherzahl zulässig, entschied das Gericht (Urt v. 17.07.2019, Az.: 4 D 36/19.NE).
Im konkreten Fall erklärten die Münsteraner Richter die Ladenöffnung in der Innenstadt von Mönchengladbach am Sonntag, den 28. April dieses Jahres, auf der sogenannten "Blaulichtmeile" im Umfeld der Haupteinkaufsstraße für rechtens. Die Gewerkschaft Verdi hatte sich zuvor gegen die Ladenöffnung wehren wollen und den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt, die das OVG aber abgelehnt hatte.
Mit ihrem "Entfesselungspaket I" hatte die schwarz-gelbe Landesregierung in NRW die Möglichkeiten des Einzelhandels erweitert, auch sonn- und feiertags zu öffnen. So wurde die Zahl der erlaubten verkaufsoffenen Sonntage von vier auf acht pro Kommune verdoppelt. Mögliche Ausnahmegründe für eine Öffnung beschreibt das Gesetz recht allgemein.
OVG weicht von BVerwG-Rechtsprechung ab
Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hatte im Dezember 2018 entschieden, dass eine Sonntagsöffnung aus Anlass einer Veranstaltung nur dann zulässig ist, wenn die Veranstaltung das öffentliche Bild des Sonntags prägt und die Ladenöffnung sich als deren Annex darstellt (Urt. v. 12.12.2018, Az. 8 CN 1/17). Um dies festzustellen, muss laut BVerwG eine Besucherzahlenprognose erstellt werden.
Im Mönchengladbacher Fall gab es allerdings keine solche Prognose. Nach Ansicht des OVG hat der NRW-Gesetzgeber die Kommunen mit den Neuregelungen aber auch ausdrücklich von der bisher notwendigen Prognoseentscheidung befreit. Bei einem räumlichen und zeitlichen Zusammenhang zwischen Veranstaltung und Ladenöffnung verbiete die Neuregelung derzeit, weitere Voraussetzungen zu fordern, so das OVG.
Bereits im vorausgegangen Eilverfahren hatten die Richter in Münster Bedenken gegen diese Regelungen angemeldet. Der Senat ging im konkreten Fall zwar von einem prägenden Charakter der "Blaulichtmeile" für den Bereich Hindenburgstraße aus, er konnte aber nicht feststellen, dass die Veranstaltung für sich genommen mehr Besucher anziehe als die zur Öffnung freigegebenen Ladenlokale. Auch in einem anderen Verfahren zur Ladenöffnung hatte das Gericht darauf hingewiesen, dass die in der Neuregelung aufgestellten Kriterien viel zu schwammig und praktisch in jeder Situation anwendbar seien. Dadurch würde der Sonn- und Feiertagsschutz unterlaufen.
Im jetzt entschiedenen Hauptsacheverfahren entschied der 4. Senat nun aber, dass sich die Regelungen im Rahmen des gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums hielten. Entsprechend sei das Gericht gebunden und könne deshalb nicht mehr die vom BVerwG geforderte Besucherprognose zum Kriterium machen. Weil das OVG deswegen von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abwich, hat es die Revision zum BVerwG zugelassen.
acr/LTO-Redaktion
mit Materialien der dpa
Erstes Hauptsacheverfahren zum neuen Ladenöffnungsgesetz: . In: Legal Tribune Online, 18.07.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/36575 (abgerufen am: 17.11.2024 )
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