AfD scheitert mit Eilantrag vorm OVG NRW: Mas­kenpf­licht auf Bundes­par­teitag bleibt

27.11.2020

Die Teilnehmer des AfD-Bundesparteitages am Wochenende in Kalkar müssen während der Veranstaltung eine Maske tragen. Das OVG NRW wies einen Eilantrag dagegen ab. Wer gegen die Regeln verstößt, muss die Veranstaltung verlassen.

Auf dem Bundesparteitag der AfD am Wochenende im niederrheinischen Kalkar müssen die Delegierten auch am Sitzplatz einen Mund-Nase-Schutz tragen. Die Partei ist mit einem Eilantrag gegen diese Hygieneauflage vor dem nordrhein-westfälischen Oberverwaltungsgericht (OVG) in Münster gescheitert. Die angegriffenen Regelungen seien verhältnismäßig und verstießen nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, so das OVG (Beschl. v. 27.11.2020, Az. 13 B 1815/20.NE).

Die AfD will am 28. und 29. November in Kalkar ihren Bundesparteitag mit 600 Delegierten und rund 100 Gästen abhalten. Die Veranstaltung wurde genehmigt, allerdings unter strengen Hygieneauflagen, um eine Verbreitung des Coronavirus auf dem Parteitag zu verhindern. So besteht während der Veranstaltung die Pflicht, eine Alltagsmaske zu tragen. Außerdem besteht die Vorgabe, dass Personen, die die Maskenpflicht nicht beachten, von der Teilnahme am Bundesparteitag auszuschließen sind. Die AfD und zwei Parteimitglieder zogen dagegen vor Gericht. 

Das OVG lehnte ihren Eilantrag jedoch ab. Zur Begründung hieß es, die Maskenpflicht diene dem legitimen Zweck, "die Weiterverbreitung des SARS-CoV-2-Virus einzudämmen". Die Anordnung beruhe auf der Grundannahme, dass sich das Virus bei direkten persönlichen Kontakten im Wege einer Tröpfcheninfektion oder über Aerosole besonders leicht verbreite. Auf Grundlage der gegenwärtigen wissenschaftlichen Erkenntnisse ist es laut Gericht jedenfalls möglich, dass die Mund-Nasen-Bedeckung die Eindämmung des Virus fördere. 

Keine unzumutbar erschwerte Veranstaltungsdurchführung

Die Maskenpflicht sei als ein Baustein zur Reduzierung des Infektionsrisikos auch erforderlich. "Die einzelnen Schutzmaßnahmen ersetzen sich nicht gegenseitig, sondern stehen in Ergänzung zueinander", heißt es im Beschluss. So verhindere etwa allein die Einhaltung des Mindestabstands nicht die Abgabe virushaltiger Aerosole.

Die Durchführung des Bundesparteitages bleibe als solche unberührt und werde auch nicht unzumutbar erschwert, hieß es weiter. Bei Redebeiträgen mit Mindestabstand zu anderen Personen dürfe die Maske vorübergehend abgelegt werden, ebenso zur notwendigen Einnahme von Speisen und Getränken. Außerdem könnten Teilnehmer bei längerer Veranstaltungsdauer etwa in Pausen Orte aufsuchen, an denen keine Maskenpflicht bestehe, so das Gericht.

Die von der AfD geltend gemachte verfassungswidrige Ungleichbehandlung liegt laut OVG voraussichtlich ebenfalls nicht vor. Die AfD verwies dabei auf § 3 Abs. 5 der Corona-Schutzverordnung des Landes, wonach in Ladenlokalen oder Büroräumen auch andere Schutzmaßnahmen ergriffen werden können als die Maskenpflicht. Laut Gericht trägt der Verordnungsgeber mit der Erleichterung in den genannten Räumlichkeiten jedoch dem Umstand Rechnung, dass betroffene Personen die Maske während der gesamten Arbeitszeit tragen müssten. Teilnehmer am Parteitag müssten die Maske aber "lediglich für deren Dauer und mithin für einen typischerweise (eng) begrenzten Zeitraum tragen", so das OVG. Bei der Folgenabwägung müssten deshalb die von der AfD dargelegten Einschränkungen hinter dem Gesundheitsschutz zurücktreten.

"Parteitag könnte bei bewussten Verstößen aufgelöst werden"

"Die Entscheidung war zu erwarten, gerade auch dann, wenn man sich die bisherige Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts zur Maskenpflicht in Schulen ansieht", so Dr. Michael Winkelmüller, Partner bei Redeker Sellner Dahs in Bonn, die das Land vertrat. Das OVG habe schon damals klargemacht, dass das Land NRW einen Einschätzungsspielraum habe und eine entsprechende Verordnung erlassen könne. "Fest steht, dass eine Maskenpflicht die Veranstaltung in ihrer Funktionalität und ihrem Sinn und Zweck nicht einschränkt. Außerdem dürfen ja zudem Wortbeiträge und Reden maskenlos gehalten werden", so Winkelmüller.

Sein Kollege Dr. Marco Rietdorf ergänzt: "Interessant ist, wie mit Teilnehmern ohne Maske umzugehen ist. Hier wurde klar gesagt, dass ein 'unbeabsichtigter' Verstoß, etwa wenn die Maske verrutscht, nicht automatisch zum Ausschluss führt. Wenn das Tragen der Maske allerdings bewusst verweigert wird, muss ein Ausschluss durch die Versammlungsleitung erfolgen. Wenn das nicht erfolgt, kann die Stadt den kompletten Parteitag auflösen."
    
Der Vorsitzende der nordrhein-westfälischen AfD, Rüdiger Lucassen, hat die Delegierten vor dem umstrittenen Präsenz-Bundesparteitag in Kalkar aufgerufen, die Corona-Auflagen einzuhalten. "Die Auflagen sind hart. Das wird schwierig, sie für volle zwei Tage durchzuhalten", sagte Lucassen am Freitag im Radiosender Bayern 2. "Aber wir müssen an die Disziplin unserer Parteimitglieder appellieren. Sonst scheitern wir."

Lucassen verteidigte die Entscheidung, den Bundesparteitag trotz der Corona-Pandemie vor Ort in Kalkar abzuhalten. Sollte es zu Verstößen gegen die Hygieneauflagen kommen und der Parteitag aufgelöst werden, dann werde die AfD nach einer anderen Lösung suchen, sagte der Bundestagsabgeordnete. Wenn die Corona-Auflagen noch Monate aufrechterhalten würden, "dann müssen wir eben gegebenenfalls auch digital tagen."

Bündnis ruft zur Gegendemo auf  

Zum Beginn des zweitägigen Parteitreffens am Samstagmorgen hat das Bündnis "Aufstehen gegen Rassismus" eine Demonstration mit 1.000 Teilnehmern angemeldet, bei der Vertreter fast aller Bundestagsparteien reden.

Der Kalkarer Ordnungsamtschef Andreas Stechling sagte, die Veranstaltung werde am Samstag mit fünf Mitarbeitern in der Halle überwacht. 15 weitere Mitarbeiter würden draußen die Gegendemonstration im Auge behalten. Wer gegen die Hygieneregeln verstößt, müsse den Ort verlassen. Die Polizei werde das durchsetzen. Das gelte auch für Parteitagsdelegierte, betonte der Ordnungsamtschef. Notfalls könnten die Behörden auch einen Abbruch des Parteitags durchsetzen, aber alle Maßnahmen müssten natürlich verhältnismäßig sein. Die Kreispolizei Kleve richtete sich auf einen der "größten Einsätze der letzten Jahre" ein, wie sie mitteilte. Mehrere Hundert Beamte stünden bereit.

Bereits am frühen Freitagabend war ein "unfreundlicher Empfang" der Delegierten geplant, wie das Bündnis "Aufstehen gegen Rassismus" mitteilte. Dem Bündnis gehören zahlreiche Parteien und Organisationen wie Attac, die Jusos, die IG-Metall, ver.di, der Zentralrat der Muslime und die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes an. 

Veranstaltungsort des Parteitags ist das ehemalige Kalkarer Kraftwerksgelände "Wunderland" mit Messe- und Veranstaltungshallen, das Platz für Tausende Besucher bietet. Die Gegendemonstration soll - ebenfalls unter einem strengen Hygienekonzept und Maskenpflicht – vor der Halle stattfinden.

acr/LTO-Redaktion

mit Materialien der dpa

Zitiervorschlag

AfD scheitert mit Eilantrag vorm OVG NRW: . In: Legal Tribune Online, 27.11.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/43573 (abgerufen am: 21.11.2024 )

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