OVG Münster zu verkaufsoffenem Sonntag in NRW: Kein Advents-Shop­ping am Sonntag

24.11.2020

Das Land NRW wollte das Konzept verkaufsoffener Sonntage in der Weihnachtszeit als Infektionsschutzmaßnahme begründen. Das überzeugte die Richter am OVG nicht, bei ihnen blieben "erhebliche Zweifel".

Landesweites Weihnachts-Shopping an den Adventssonntagen - darauf haben viele Einzelhändler in Nordrhein-Westfalen vergeblich gesetzt. Die Richter des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Nordrhein-Westfalen kippten am Dienstag per Eilbeschluss eine Regelung zur landesweiten Öffnung der Läden an den Vorweihnachtssonntagen sowie am Sonntag nach Neujahr. Mit ihrem Versuch, die zusätzlichen Öffnungszeiten als Infektionsschutzmaßnahme zu begründen, erlitt die Landesregierung abermals eine Niederlage in der juristischen Auseinandersetzung um Sonntagsöffnungen (Beschl. v. 24.11.2020, Az. 13 B 1712/20 NE). 

Fünf landesweite verkaufsoffene Sonntage rund um Weihnachten waren in der jüngsten Fassung der Corona-Schutzverordnung damit begründet worden, man wolle "unregulierbaren Kundenandrang" vermeiden und stattdessen das Einkaufsgeschehen entzerren. Der für Infektionsschutzrecht zuständige Senat beim OVG Münster jedoch hielt diese Begründung für fragwürdig: Bei allem Verständnis für wirtschaftliche Interessen der Händler, gebe es "erhebliche Zweifel an der Eignung der Sonntagsöffnung, das Infektionsrisiko einzudämmen", teilte das OVG mit. 

Das Ziel, das Einkausfgeschehen zu entzerren, sei zwar legitim, ebenso verständlich seien wirtschaftliche Interessen. Es könne aber nicht angenommen werden, dass sich das Kundenaufkommen des Samstags auch auf den Sonntag verteile. Es erscheine sogar naheliegend, dass mangels Möglichkeiten der Freizeitgestaltung zusätzliche Kunden animiert würden, in die Innenstädte zu kommen. Volle Städte, volle Busse und Bahnen - das stehe im Widerspruch zu den Kontaktbeschränkungen zum Infektionsschutz. Außerdem sei eine landesweite Regelung nicht rechtens, da davon auszugehen sei, dass gerade in ländlichen Regionen der Andrang überschaubar bleibe.

Nicht der erste Erfolg von Verdi vor dem OVG Münster

Unberührt von dem Beschluss seien möglicherweise von Kommunen anberaumte zusätzliche Sonntagsöffnungen in der nächsten Zeit, die auf einer anderen Rechtsgrundlage fußen, sagte eine Sprecherin des Gerichts. Grundsätzlich werden kommunale verkaufsoffene Sonntage meist im Zusammenhang mit örtlichen Festen oder Märkten genehmigt, die allerdings coronabedingt ausfallen müssen. 

Nach der Schließung vieler Läden im Frühjahr zur Pandemieeindämmung hatte das Wirtschaftsministerium mit einem Erlass einen neuen Anlauf für zusätzliche verkaufsoffene Sonntage gestartet - damit sollte der Einzelhandel die ausgefallenen Umsätze aufholen können. Wie schon zuvor in vielen ähnlich gelagerten Fällen klagte Verdi auch dieses Mal gegen die Kommunen, die auf dieser Grundlage Sonntagsöffnungen geplant hatten - und bekam reihenweise Recht

Für den Handel ist die neuerliche Niederlage von Dienstag eine bittere Enttäuschung. Im Weihnachtsgeschäft entscheide sich für viele Händler, wie sie das Jahr überstehen, teilte die Industrie- und Handelskammer Nordrhein-Westfalen mit. Michael Radau, Präsident des nordrhein-westfälischen Handelsverbandes, warnte ebenfalls vor gravierenden Folgen: "Was möchte Verdi aus ideologischen Gründen noch alles unternehmen, um die Existenzgrundlage ihrer Mitglieder zu zerstören", teilte er mit. 

Verdi dagegen sieht sich abermals höchstrichterlich in ihrer Argumentation bestätigt: Verkaufsoffene Sonntage sorgten nur für eine Verdichtung der Besucherströme und entsprechend nicht für einen Schutz der Bevölkerung. Auch falle für die Beschäftigten im Einzelhandel zusätzlicher Stress weg. Viele seien ohnehin in tagtäglicher Sorge, sich anzustecken. Dass sie nun an den Adventssonntagen bei ihren Familien sein könnten, sei wichtig für den Erhalt ihrer Gesundheit.

dpa/pdi/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

OVG Münster zu verkaufsoffenem Sonntag in NRW: . In: Legal Tribune Online, 24.11.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/43525 (abgerufen am: 17.11.2024 )

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