Europäische Wortmarke nichtig: Ein "Malle" für alle

von Tanja Podolski

20.05.2020

"Malle" ist keine europäische Wortmarke mehr. Der Produzent von Ballermann-Größen wie Tim Toupet und Mickey Krause hat ein Verfahren vor dem Europäischen Markenamt verloren. Der Mann war gegen Veranstalter von "Malle"-Partys vorgegangen.

Wenn doch bloß Corona nicht wäre - es könnten massenhaft "Malle"-Partys steigen. Diskothekenbetreiber und Veranstalter von Party-Events könnten werben, was das Zeug hält, ohne sich die Verwendung des Begriffs einkaufen oder teure Abmahnungen befürchten zu müssen – all das zumindest außerhalb Deutschlands: Das Europäische Markenamt hat die Wortmarke "Malle" für nichtig erklärt (Beschl. v. 18.05.2020, Az. 32 783 C). Seit 2004 war das Wort als europäische Wortmarke beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) in Alicante eingetragen. Die Entscheidung ist aber noch nicht rechtskräftig. Für die deutsche Marke ist das Verfahren noch anhängig.

Der Unternehmer Jörg Lück aus Hilden hatte sich mit der europäischen Wortmarke den Begriff "Malle" europaweit für vier Klassen schützen lassen: für Tonträger (Warenklasse 9), Werbung (Warenklasse 35), Ausstrahlung für TV- und Rundfunksendungen (Warenklasse 38) sowie für jegliche Partys (Warenklasse 41). In Deutschland ist die Marke für Werbung und Tonträger geschützt.

Im vergangenen Jahr häuften sich die Mitteilungen, dass Lück gegen Veranstalter und sonstige Verwender seiner Marke vorgeht. Abmahnungen schickte Lück auch an einen Diskothekenbetreiber aus Erlangen und an Holger Seyfried, Betreiber des Reiseblogs "Reisetiger". Seyfried sollte 1.822,96 Euro Anwaltsgebühren bezahlen, weil er die Marke "Malle" ohne Lizenz verwendet haben. Zudem sollte er eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgeben. Darin sollte sich Reisetiger verpflichten, für jede weitere Zuwiderhandlung eine Vertragsstrafe in Höhe von 3.000 Euro an den Markeninhaber zu zahlen.

Seyfried und der Erlanger Unternehmer stellten Anträge beim EUIPO, die Marke für nichtig erklären zu lassen. Über den Antrag des Diskothekenbetreibers hat das EUIPO nun zuerst entschieden.

Die Deutschen und ihr "Malle"

Diesem Antrag gab das EUIPO statt: Es liege ein absolutes Schutzhindernis vor. Es seien allgemein bekannte Tatsachen, dass die Insel Mallorca im Mittelmeer liege und zu den beliebtesten Urlaubszielen in Europa gehöre. Entscheidend sei dann das deutschsprachige Publikum in der Europäischen Union: Was versteht dieses unter "Malle"? Ganz klar für das EUIPO: einen geographischen Hinweis auf die spanische Insel Mallorca.

Selbst wenn der Ausdruck zur Zeit der Unionsmarkenanmeldung im Jahr 2002 kein Wort der deutschen Standardsprache gewesen sein sollte, habe es mittlerweile Eingang zumindest in ein gängiges Wörterverzeichnis der deutschen Sprache gefunden: den Duden. Und dort steht: Malle ist – wenn auch umgangssprachlich - das Kurzwort für Mallorca. Das wertete das Markenamt als Indiz dafür, dass "Malle" endgültig im deutschen Sprachgebrauch angekommen sei.

Zudem hatte der Erlanger Unternehmer massenhaft Presseartikel vorlegen können, die das EUIPO davon überzeugten, dass "Malle" auch schon vor der Markenanmeldung als Abkürzung für Mallorca gebraucht worden sei.

Typische "Malle"-Musik

Selbst die Musik habe einen Bezug zur Insel, so das EUIPO: Ob es sich dabei tatsächlich um lokale Musik handele oder nicht, sei unbeachtlich, "solange das Publikum dadurch nur an den Ferienort erinnert wird", befand die Löschungsabteilung. Dieser Zusammenhang werde auch durch die zahlreichen von den Parteien vorgelegten Beweismittel zu Musik-CDs belegt, insbesondere durch die Titel "Malle Hits", "Balla Balla Mallorca" und "Balearen Charts". Ähnliches stellte das Amt auch für TV-Sendungen und Partys fest: Hört der Deutsche "Malle", hat er gleich ein ganz konkretes Bild vor Augen. Außerdem: Alle streitgegenständlichen Waren und Dienstleistungen wiesen eine gewisse Nähe zum Tourismus auf, für den Mallorca bekannt sei, befanden die Entscheider in Alicante.

Markeninhaber Lück argumentierte noch, "Malle" sei nur ein umgangssprachlicher Begriff, der sich nicht auf Landkarten oder grundsätzlich im "offiziellen Sprachgebrauch" wiederfände. Doch das EUIPO betonte: Entscheidend ist, dass das deutsche Publikum das Wort "Malle" als geographischen Hinweis auf Mallorca versteht – und damit stand der Unionsmarkenanmeldung "Malle" schon zum Anmeldezeitpunkt das absolute Eintragungshindernis des Art. 7 Abs. 1 Buchst. C Gemeinschaftsmarkenverordnung (GMV) entgegen.

"Das Bundespatentgericht hatte das im Jahr 2005 noch anders gesehen", sagt der Berliner Markenrechtsanwalt Michael Plüschke gegenüber LTO. "Das im allgemeinen Sprachgebrauch breiter deutscher Publikumskreise die Baleareninsel Mallorca als 'Malle' bezeichnet würde, erscheint dem Senat überaus zweifelhaft", entschied das Gericht damals (BPatG, Beschl. v. 27.07.2005, Az.: 32 W (pat) 191/04).

Plüschke vertritt den Reisetiger-Betreiber Seyfried: "Über dessen Antrag auf Nichtigkeitserklärung muss nun aber nicht mehr entschieden werden, solange Lück keine Rechtsmittel gegen die Löschung der EU-Marke einlegt."

Deutsches Verfahren läuft noch

Anhängig ist noch Seyfrieds Verfahren vor dem Landgericht (LG) Düsseldorf. "In dem Verfahren geht es um die von der Löschung der EU-Marke nicht betroffene deutsche Marke von Lück", erklärt Plüschke. Das Verfahren werde geführt, weil Lück der Löschung im Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) widersprochen hatte.

"Da sind wir leider genau in eine Übergangsphase gerutscht. Denn seit diesem Monat wäre eine Klage vor dem LG nicht mehr notwendig gewesen, weil das deutsche Verfahren dem EU-Verfahren angepasst wurde und das Löschungsverfahren nun für deutsche und europäische Marken nun vollständig vor dem DPMA geführt werden kann", so der Berliner Anwalt.

Das Verfahren vor dem LG wird Seyfried nun zu Ende bestreiten. Für ein "Malle" für alle - auch in Deutschland.

Zitiervorschlag

Europäische Wortmarke nichtig: . In: Legal Tribune Online, 20.05.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/41685 (abgerufen am: 15.11.2024 )

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