Das LG München I hat zugunsten zweier Italiener entschieden, die sich gegen öffentliche Mafia-Vorwürfe gewehrt hatten. Die Namen der beiden waren in dem Buch "Mafia Export" des Münchner Riemann-Verlags genannt worden.
Deshalb hatten die Männer einstweiligen Rechtsschutz gegen bestimmte Behauptungen - insbesondere die Zugehörigkeit zu Mafia-Clans - beantragt. Die 9. Zivilkammer gab ihnen Recht (Urt. vom 10.11.2010, Az. 9 O 19400/10 und 9 O 19401/10; nicht rechtskräftig).
Die Kammer sah rufschädigende und unrichtige Tatsachenbehauptungen, die nicht ausreichend belegt seien, und untersagte diese. Der Verlag darf nun das Buch nicht mehr in dieser Fassung ausliefern.
Die Vorwürfe in dem Buch stützen sich unter anderem auf eine
eidesstattliche Versicherung eines italienischen Staatsanwalts und
auf Berichte des Bundeskriminalamts. Damit, so die Richter, ließen
sich die weitreichenden Vorwürfe aber nicht belegen. Wie der
italienische Staatsanwalt zu der Einschätzung komme, die Kläger seien
Mafia-Mitglieder, bleibe vollkommen offen. Die Authentizität der
Berichte des BKA sei fraglich, zumal zumindest Einzelpunkte darin
unrichtig seien.
Das Gericht begründete die Entscheidung im Wesentlichen damit, dass die Medien zwar infolge ihres durch Art. 5 Abs. 1 Grundgesetz (GG) weitreichend geschützten Auftrages bereits über den Verdacht einer Straftat berichten dürfen, wenn ein Mindestbestand an Beweistatsachen vorliege, der für den Wahrheitsgehalt der Information spricht und ihr damit "Öffentlichkeitswert" verleihe. Dabei seien allerdings vor dem Hintergrund des durch Art. 1, 2 GG geschützten Persönlichkeitsrechts des Betroffenen die Anforderungen an die Sorgfaltspflicht umso höher anzusetzen, je schwerer und nachhaltiger das Ansehen des Betroffenen durch die Veröffentlichung beeinträchtigt werde.
Andererseits stellte die Kammer auch klar, dass die Anforderungen an die pressemäßige Sorgfalt und die Wahrheitspflicht nicht so überspannt und insbesondere nicht so bemessen werden dürfe, dass darunter die Funktion der Meinungsfreiheit leide. Stets sei zwischen dem Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen und dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit abzuwiegen, wobei das Informationsinteresse der Allgemeinheit regelmäßig dann vorrangig ist, wenn die dargestellten Sorgfaltsanforderungen eingehalten seien. Von Bedeutung sei insoweit auch, ob der in Anspruch Genommene vor Aufstellung oder Verbreitung der Behauptung hinreichend sorgfältige Recherchen über den Wahrheitsgehalt angestellt habe.
LG München I: . In: Legal Tribune Online, 12.11.2010 , https://www.lto.de/persistent/a_id/1922 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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