Vorm LG München I ging's um die Wurst: "Rost­b­rat­würst­chen" müssen nicht aus Nürn­berg kommen

13.06.2024

Nur solche Würstchen, die in Nürnberg hergestellt werden, dürfen sich "Nürnberger Rostbratwürstchen" nennen. Dass aber auch andere Wurstproduzenten ihre Würste "Rostbratwürstchen" taufen dürfen, hat nun das LG München I bestätigt.

Wir schreiben das Jahr 1313, als die Stadt Nürnberg die Rezeptur für ihre über die Stadtgrenzen hinaus bekannten Nürnberger Bratwürste erstmals festlegt. Fast 700 Jahre später, im Jahr 2003, wird dieser Begriff sogar nach europäischem Recht geschützt. Nur wer seine Wurst im Stadtgebiet Nürnberg nach der festgeschriebenen Rezeptur herstellt, darf diese "Nürnberger" nennen. Damit reiht sich die deutsche Wurstspezialität neben dem ebenfalls geschützten Champagner, dem Scotch Whisky und dem Parmaschinken ein.

Zurück in der Gegenwart: Wer seine Bratwürste "Mini Rostbratwürstchen" nennt, verstößt damit nicht gegen den Schutz der historischen Nürnberger Rostbratwürste. Das Landgericht (LG) München I sieht die von der EU geschützte geografische Angabe (g.g.A.) "Nürnberger Rostbratwurst" dadurch nicht als verletzt an, wie es am Donnerstag klarstellte (Urt. v. 13.06.2024, Az. 33 O 4023/23).

Geklagt hatte der Schutzverband Nürnberger Bratwürste e.V., der sich seit vielen Jahren um den Schutz und die Bekanntheit der Nürnberger Bratwurst kümmert. Konkret warf der Verein dem Wursthersteller Franz Ostermeier aus Geiselhöring (Bayern) vor, gegen die Marke "Nürnberger Rostbratwürste" zu verstoßen.

Nürnberger? Rostbratwürstchen? Verwechslungsgefahr!

Obwohl der Wursthersteller seinen Sitz nicht in Nürnberg habe, nennt er seine Würste "Mini Rostbratwürstchen", kritisierte der Verband. Das trage dazu bei, dass Verbraucher das Produkt mit den Nürnberger Originalen verbinden und beim Einkauf gedankenlos zum niederbayerischen Produkt greifen könnten. Das sei aber nicht das Einzige, womit eine Verwechslungsgefahr befeuert würde.

Im Internet bewirbt der beklagte Hersteller seine "Mini Rostbratwürstchen" auf einem Teller mit Weißbrot, Sauerkraut und Senf. Genau so schaut auch die traditionelle Anrichte der "Nürnberger Würste" aus, argumentiert der Verband. Letztlich seien es auch die charakteristische Größe und Form der "Nürnberger Würste", die sich der "Mini Rostbratwürstchen"-Hersteller angemaßt haben soll.

All dies seien Anspielungen auf die originale Nürnberger Wurst – der Name "Nürnberg" muss nach Ansicht des Verbands gar nicht erst fallen, um eine Verwechslungsgefahr zu begründen. Dem LG München I ist diese Argumentation des Vereins dagegen zwar nicht wurscht, aber offenbar auch nicht gewichtig genug gewesen: Es folgte ihr nämlich nicht.

Würste gibt es in vielen Formen und Größen

All diese Anspielungen auf den geschützten Begriff der "Nürnberger Rostbratwurst" reichten dem LG nicht aus, um diesen als verletzt anzusehen. Der Grund: Es gebe eine Vielzahl von Würsten auf dem Markt, die genauso klein seien wie die Nürnberger und auch genauso geformt. Bei all dieser Auswahl sei der europäische Durchschnittsverbraucher es gewohnt, dass die Produkte auf den ersten Blick alle ziemlich gleich aussehen.

Daher kommt es laut dem LG gerade darauf an, dass man sein Produkt auch "Nürnberger" nenne, denn dies sei das maßgebliche Unterscheidungskriterium. Wer nicht behauptet, dass seine Würstchen aus Nürnberg sind, führe daher auch nicht in die Irre und verletzt nicht die geschützte geografische Angabe. Eine juristische Extrawurst gibt es für den Verein also nicht.

"Nürnberger" als homöopathische Kost

Die geschützte geografische Angabe Nürnberger Rostbratwürste existiert seit 2003 und beinhaltet klare Vorgaben für das Produkt. Beispielsweise dürfen diese maximal sieben bis neun Zentimeter lang sein – aber warum eigentlich? Da gibt es ganz eigene Herleitungen für, es ranken sich Sagen und Legenden um die Wurst.

So soll beispielsweise ein Mann namens Kaspar Hauser in seinem einsamen Kerker vegetarisch ernährt worden sein, denn er wehrte sich gegen alles Fleischliche. Um ihn wieder mit Fleisch zu versorgen, half nur eine "Zuführung in homöopathischen Dosen". Die kleinen Nürnberger sollen dafür bestens geeignet gewesen sein.

Das ist allerdings nur ein kleiner Teil der Geschichte rund um die Wurst. Im Nürnberger Bratwurstmuseum kann man alles über die kleine Spezialität, ihre lebhafte Geschichte und ihre enge Verbundenheit mit der Stadt Nürnberg erfahren.

xp/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

Vorm LG München I ging's um die Wurst: "Rostbratwürstchen" müssen nicht aus Nürnberg kommen . In: Legal Tribune Online, 13.06.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/54768/ (abgerufen am: 30.06.2024 )

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