LG Lüneburg verurteilt Ex-Oberstaatsanwalt: 7.500 Euro Geld­strafe wegen Vor­teils­nahme

25.04.2016

Das LG Lüneburg hat einen Ex-Oberstaatsanwalt zu einer Geldstrafe von 7.500 Euro verurteilt. Der Mann hatte ein Darlehen eines Übersetzers angenommen, der zuvor großzügig mit Aufträgen durch die Staatsanwaltschaft bedacht worden war.

Ein ehemaliger Oberstaatsanwalt aus Verden ist vom Landgericht (LG) Lüneburg wegen Vorteilsannahme zu einer Geldstrafe verurteilt worden (Urt. v. 25.04.2016, Az. 21 Kls 2/15). Der 59-Jährige muss 150 Tagessätze zu jeweils 50 Euro zahlen, insgesamt also 7.500 Euro. Der Jurist soll von einem Übersetzer ein zinsloses Darlehen ohne Sicherheiten erhalten haben, weil dieser von ihm umfangreich mit Aufträgen bedacht worden sei. Das Gericht sah dabei 50 Tagessätze wegen rechtsstaatswidriger Verfahrensverzögerung als erstattet an.

Die Annahme eines zinslosen Darlehens von 6000 Euro im März 2011 habe keinen dienstlichen Bezug gehabt, hatte der Verteidiger des frühpensionierten Juristen erklärt. Der Verurteilte sagte, er habe sich nichts dabei gedacht. Der Dolmetscher sei ihm seit Jahren bekannt gewesen und habe besonders zuverlässig gearbeitet.

Am Ende ging es nur noch um die Vorteilsannahme. Ein Verfahren wegen des Vorwurfs der Weitergabe von Dienstgeheimnissen war Anfang April überraschend eingestellt worden.  Die Anklage hatte den 59-Jährigen zunächst auch beschuldigt, als Oberstaatsanwalt an eine Zeitung Informationen über eine Besprechung mit Polizisten weitergegeben zu haben.

Revision angekündigt, Disziplinarverfahren droht

Für das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Justiz und ein ordnungsgemäßes Funktionieren sei es wichtig, dass Grenzen nicht verschwimmen, betonte der Vorsitzende Richter am Montag in seiner Urteilsbegründung. Private Beziehungen zu dem Dolmetscher habe es nicht gegeben. Dieser dürfte im Wesentlichen in der Hoffnung auf weitere Aufträge das Geld gegeben haben, befand das Gericht. Erst kurz vor dem Prozess hatte der Verurteilte auch nach Angaben seines Verteidigers mit der Rückzahlung begonnen.

Die Staatsanwaltschaft hatte 150 Tagessätze gefordert, die Verteidigung plädierte auf Freispruch und kündigte Revision an. Ein psychiatrischer Sachverständiger hatte nicht ausschließen können, dass der Jurist damals auch wegen einer Depression in seiner Steuerungsfähigkeit erheblich gemindert war. Sollte das Urteil rechtskräftig werden, dürfte auf den 59-Jährigen auch ein disziplinarrechtliches Verfahren zukommen.

Die Anklage war ursprünglich beim LG Verden erhoben worden. Dieses lehnte aber die Eröffnung des Hauptverfahrens im April 2014 mit der Begründung ab, dass ein hinreichender Tatverdacht nicht bestehe. Nach einer Beschwerde der Staatsanwaltschaft hatte das Oberlandesgericht (OLG) Celle dann im Juli 2014 das Hauptverfahren an der 1. großen Strafkammer des LG Lüneburg eröffnet. Dort hatten aber dringlichere Verfahren Vorrang, wie der Vorsitzende erläuterte.

Der Verurteilte und sein Verteidiger zeichneten das Bild eines unbequemen Juristen, der mit den Vorwürfen in den Vorruhestand gezwungen werden sollte.

dpa/ms/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

LG Lüneburg verurteilt Ex-Oberstaatsanwalt: . In: Legal Tribune Online, 25.04.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/19201 (abgerufen am: 21.11.2024 )

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