Ist eine Reservierungsgebühr von 10.000 Euro schon ein mittelbarer Kaufzwang? Damit und anderen bereicherungsrechtlichen Fragen hatte sich das LG Köln zu befassen.
Ist jemand an einer Eigentumswohnung interessiert und zahlt eine Reservierungsgebühr, kann diese zurückverlangt werden, wenn kein Kaufvertrag zustande kommt. Das hat das Landgericht (LG) Köln entschieden (Teilurt. v. 26.08.2021, Az. 2 O 292/19).
Nachdem der Kläger das Hausgrundstück der Beklagten besichtigt hatte, einigte man sich auf einen Kaufpreis von 1.200.000 Euro sowie eine Reservierungsgebühr von 10.000 Euro, welche der Kläger auch tatsächlich zahlte. Nach der vom Kläger frei formulierten "Reservierungsvereinbarung" sollte die Gebühr zu Gunsten der Beklagten verfallen, soweit bis zum 31.12.2021 kein Kauf zum vereinbarten Preis zustande kommen sollte.
Ein anberaumter Notartermin musste verschoben werden und nach mehreren Änderungswünschen des Klägers scheiterten die Kaufverhandlungen im Februar 2019 endgültig. Nach Ansicht des Klägers haben die Beklagten das Scheitern der Verhandlungen zu vertreten. Zudem sei die Reservierungsvereinbarung wegen Formnichtigkeit unwirksam und müsse zurückgezahlt werden. Wiederum meinen die Beklagten, die notarielle Beglaubigung der Reservierungsvereinbarung sei gar nicht erforderlich. Weiter meinen sie, auch ihre jetzt wertlosen Aufwendungen für insgesamt zehn Besichtigungstermine müssten vergütet werden.
Zweckverfehlungskondiktion und mittelbarer Kaufzwang
Das LG Köln sprach dem Kläger jetzt ein Anspruch auf Rückzahlung der Reservierungsgebühr zu, nicht aber auf Rückzahlung der Notarkosten.
Der Rückzahlungsanspruch ergibt sich dabei nach Auffassung des Gerichts aus der Zweckverfehlungskondiktion, § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Hierzu führt das LG aus, dass der Anspruch auf dem Gedanken beruhe, dass die Beteiligten den künftigen Eintritt eines von der bloßen Erfüllung einer Verbindlichkeit abweichenden besonderen Erfolges als Zweck einer Zuwendung und damit als Behaltensgrund vereinbaren können. Das gelte auch für eine künftige, dann nicht entstandene Verpflichtung.
Die Reservierungsvereinbarung sei wegen Formnichtigkeit unwirksam, da sie nicht notariell beurkundet worden sei, so das LG. Die Reservierungsvereinbarung hätte ebenso wie das Grundstücksgeschäft notariell beurkundet werden müssen. Mit dem Kaufvertrag über die Immobilie sollte die Vereinbarung nach Überzeung des Gerichts "stehen und fallen" und habe mit 10.000 Euro auch eine Höhe erreicht, die einen mittelbaren Zwang zum Kauf ausübe, so das Gericht. Eine mögliche Heilung des Formmangels sei auch nicht eingetreten, weil ein notarieller Kaufvertrag nicht abgeschlossen worden sei.
Auch habe Kläger den bezweckten Erfolg nicht treuwidrig verhindert und könne sich daher auf den Formmangel berufen, so das Gericht weiter. Es seien nämlich strenge Anforderungen daran zu stellen, wann das Formerfordernis nicht gelten solle, meint das Gericht. Hier habe sogar einer der Beklagten als Rechtsanwalt die formalen Anforderungen gekannt. Der Kläger habe auch aus sachlichen Gründen - nämlich wegen des Fehlens einer Baugenehmigung - von dem Kauf Abstand genommen.
Ein nennenswerter Schaden im Rechtssinne ist den Beklagten nach Auffassung des Gerichts durch die in diesem Fall ergebnislosen Besichtigungstermine auch nicht entstanden.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
jb/LTO-Redaktion
LG Köln zum Wohnungskauf: . In: Legal Tribune Online, 29.10.2021 , https://www.lto.de/persistent/a_id/46506 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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