Wer sich Wohneigentum kauft, findet im Nachhinein nicht selten größere Mängel, vor allem in Altbauten. Welchen Zustand dürfen Käufer redlicherweise erwarten? Der BGH hat klargestellt: Zum Wohnen muss sich eine Wohnimmobilie schon eignen.
Bei Altbauwohnungen denkt man gerne an hohe Decken, Stuck und breite Dielen. Hinter der schönen Fassade verbergen sich aber auch oft schlechte Isolierung, hohe Heizkosten und – wie in diesem Fall – feuchte Wände.
Nicht jeder Makel kann dabei auch rechtlich als Mangel geltend gemacht werden. Wenn die verkauften Räumlichkeiten aber zum Wohnen dienen, darf der Käufer davon ausgehen, dass die Wohnung bewohnbar ist – und zwar selbst dann, wenn diese im Souterrain eines Altbaus liegt. Ist dies nicht der Fall, liegt ein Sachmangel nach § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB, in der bis zum 31.12.2021 geltenden Fassung) vor, stellte der Bundesgerichtshof (BGH) klar. Als Wohnung verkaufte Räume im Souterrain eines Altbaus, die bei Gefahrübergang erhebliche Wandfeuchtigkeit aufweisen, sind demnach regelmäßig weder für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung noch für die gewöhnliche Verwendung zum Wohnen geeignet und infolgedessen mangelhaft (Urt. 21.06.2024, Az. V ZR 79/23). Die Maßstäbe dieser BGH-Entscheidung sind auch für die aktuelle Rechtslage interessant, da der neu gefasste § 434 BGB den für diese Fälle selben Regelungsgehalt wie die alte Fassung der Norm hat.
Hintergrund der Entscheidung ist die Klage auf Schadensersatz der Käufer zweier Wohnungen in einem Altbau-Souterrain. Diese hatten die Immobilien in unmittelbarer Rheinnähe im Februar 2018 zum Preis von 675.000 Euro erworben. Laut Exposé waren das Gebäude im Jahr 1904 gebaut und die Wohnungen 1999 kernsaniert worden. Das Exposé verriet den Käufern außerdem, dass eine der Außenwände feucht sei und die Sanierung auf eigenen Kosten durchgeführt werden müsse.
OLG: Käufer wussten von Feuchtigkeitsschäden
Die Käufer ließen die Feuchtigkeitsschäden in den Wänden auch wie vereinbart auf eigene Kosten beseitigen. Das war also nicht streitig in diesem Fall. Die Sanierung beanspruchte jedoch sehr viel Zeit, sodass die Käufer in ihrer bisherigen Mietwohnung wohnen bleiben mussten und nicht wie geplant im September 2018 in die gekaufte Altbauwohnung einziehen konnten. Rund 33.000 Euro gezahlte Miete und Nebenkosten verlangten sie vom beklagten Verkäufer zurück.
Hinzu kommt in diesem Fall: Zum Zeitpunkt der Besichtigungen glichen die Wohnungen noch einer Baustelle, mit offenen Böden und fehlendem Putz. Trotzdem schlossen die Parteien den Kaufvertrag – unter Ausschluss der Haftung für Sachmängel.
Sowohl das Landgericht als auch das Oberlandesgericht (OLG) Köln verneinten einen Schadensersatzanspruch der Käufer aus § 437 Nr. 3 i. V. m. § 281 Abs. 1 Satz 1, 280 Abs. 1 und 3 BGB. Für eine im Jahr 1904 errichtete Immobilie entspreche der Zustand der Wohnungen der üblichen und zu erwartenden Beschaffenheit, so die Auffassung des OLG. Außerdem hätten sich die Käufer während der Besichtigungen ein Bild der Lage machen können und seien sowohl im Kaufvertrag als auch im Exposé auf bestehende und mögliche künftige Feuchtigkeitsschäden aufmerksam gemacht worden. Letztlich schließe auch der Haftungsausschluss einen Anspruch der Käufer aus.
BGH: Käufer durften bewohnbare Wohnung erwarten
Diese Argumentation überzeugte den BGH jedoch nicht. Auf die Revision der klagenden Wohnungskäufer hin stellte er klar: "Die vertraglich vorausgesetzte Verwendung einer Souterrainwohnung ist das Wohnen, weshalb der Käufer regelmäßig erwarten darf, dass die Wohnung trocken ist, auch wenn sie in einem Altbau gelegen ist."
Zwar sei es richtig, dass der fünfte Zivilsenat des BGH in der Vergangenheit nicht jede Feuchtigkeit in Kellern von alten Gebäuden per se als Sachmangel einordnete, wie das OLG richtig erkannt habe. Dieser bei Altbauten übliche Standard sei aber dann nicht maßgebend, wenn die Trockenheit der Räume für die vorausgesetzte Verwendung erforderlich ist. So liege der Fall hier jedoch. Mit anderen Worten: Wohnungen sind zum Wohnen da. Wenn die Räume feucht sind, lasse sich darin nicht wohnen. Insofern sei die Kaufsache mangelhaft.
Und was ist mit dem Haftungsausschluss? Dass die Verkäufer die Mangelhaftigkeit der Wohnungen in diesem Fall arglistig verschwiegen haben, ist laut BGH jedenfalls nicht auszuschließen. Denn ein arglistiges Verschweigen könne auch vorliegen, wenn der wahre Umfang der zu offenbarenden Tatsache bagatellisiert werde. Die selektiven Hinweise im Exposé und Kaufvertrag auf nur vereinzelte Feuchtigkeitsschäden seien zumindest geeignet, beim Käufer den Eindruck zu erwecken, der Rest der Wohnung sei trocken, so die Karlsruher Richter.
Der BGH hat die Sache damit an einen anderen Senat des OLG Köln zurückverwiesen, der nun weitere Feststellungen treffen muss. Der muss den neuen Maßstab des BGH bei seiner Entscheidung berücksichtigen: Auch wer einen maroden Souterrain-Altbau in Flussnähe kauft, darf trockene Füße erwarten, wenn die Wohnung zum Wohnen gedacht ist.
lmb/LTO-Redaktion
BGH zu Feuchtigkeitsschäden im Altbau: . In: Legal Tribune Online, 05.08.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/55155 (abgerufen am: 23.11.2024 )
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