LG Frankfurt am Main: Wei­teres Urteil gegen Encro­Chat-Nutzer

von Joschka Buchholz

18.02.2022

EncroChat beschäftigt die deutsche Jusitz weiter, weder BGH noch BVerfG haben sich hierzu bisher geäußert. Jetzt hat das LG Frankfurt mehrjährige Freiheitsstrafen im Zusammenhang mit dem Verschlüsselungsdienst verhängt.

Vor einem weiteren Landgericht ist es zu einer Verurteilung im Zusammenhang mit EncroChat gekommen. Das Landgericht (LG) Frankfurt am Main hat jetzt mehrjährige Freiheitsstrafen gegen drei Männer verhängt, es ging um bandenmäßiges Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge. Auch wurde ein mit den Erlösen des Drogenhandels erworbener Lamborghini eingezogen sowie die Einziehung von Wertersatz in Höhe von rund fünf Millionen Euro angeordnet (Urt. v. 16.02.2022, Az. 14 KLs 5181 Js 233803/20).

EncroChat ist ein auf verschlüsselte Kommunikation spezialisierter Anbieter, der scheinbar abhörsichere Mobiltelefone angeboten hat. Im Frühjahr 2020 gelang es französischen Behörden, in das Encrochat-System einzudringen. Damit erlangte man Zugriff auf Daten von mehreren Zehntausend Nutzer:innen, darunter auch einige aus Deutschland. Deshalb kam es in den letzten zwei Jahren zu zahlreichen Verfahren und auch zu Verurteilungen, wie jetzt vor dem LG Frankfurt. Problematisch ist dabei insbesondere, dass kaum Informationen über das konkrete Vorgehen der französichen Behörden besteht. Insoweit ist besonders fraglich, ob diese Beweise nicht einem Beweisverwertungsverbot unterliegen sollten. Hierfür werden auch rechtsstaatliche Erwägungen ins Feld geführt.

Die Verurteilung durch das LG Frankfurt wurde dabei nicht etwa wie üblich durch das Landgericht selbst mitgeteilt, sondern durch die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt bzw. die dort angesiedelte Zentralstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität. Für die Strafverfolgungsbehörden dürfte die Verurteilung ein weiterer Erfolg sein. Bei mehreren Staatsanwaltschaften wurden in diesem Zusammenhang neue Stellen geschaffen, so etwa in Bremen und in Berlin.

Indes ist die Frage der Verwertbarkeit weiterhin hoch umstritten. In Berlin hatte das Landgericht zunächst gegen die Verwertbarkeit entschieden, bevor das Kammergericht den entsprechenden Beschluss aufhob und die Verwertbarkeit auf Grundlage von § 100e Abs. 6 Nr. 1 StPO bejahte. Der Bundesgerichtshof hat sich zu dieser Frage noch nicht geäußert, wird dies aber in absehbarer Zeit wohl tun. Wie Deutschlandfunk berichtet, sind auch vor dem Bundesverfassungsgericht sowie vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte derzeit entsprechende Verfahren anhängig.

Zitiervorschlag

LG Frankfurt am Main: . In: Legal Tribune Online, 18.02.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/47588 (abgerufen am: 20.11.2024 )

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