Prozessbeginn schon im Dezember: Wie das LG Duis­burg sich auf das Love­pa­rade-Ver­fahren vor­be­reitet

von Pia Lorenz

07.06.2017

Noch in diesem Jahr soll das Strafverfahren um die Loveparade-Katastrophe beginnen, bis 2020 muss es über die Bühne sein, sonst tritt Verjährung ein. Das LG Duisburg wappnet sich für einen Mammutprozess und einen äußerst straffen Zeitplan.

Der Strafprozess um die Loveparade-Katastrophe von Duisburg soll noch in diesem Jahr beginnen. Der Vorsitzende der zuständigen 6. Strafkammer des Landgerichts (LG) Duisburg hat den Verteidigern und den Vertretern der Nebenkläger den 6. oder den 8. Dezember als Prozessauftakt vorgeschlagen.

Bei dem Technofestival waren am 24. Juli 2010 an einer Engstelle 21 Menschen im Gedränge zu Tode gekommen, mindestens 652 wurden verletzt. Die Opfer kamen aus Deutschland, China, Australien, Spanien, Italien und den Niederlanden. Angeklagt sind sechs Mitarbeiter der Stadt Duisburg und vier Mitarbeiter des Veranstalters. Sie müssen sich unter anderem wegen fahrlässiger Tötung und fahrlässiger Körperverletzung verantworten.

Für den anstehenden Mammutprozess, an dem zudem rund 60 Nebenkläger beteiligt sind, hat das Gericht auf dem Gelände der Messe Düsseldorf einen Saal im Kongresszentrum gemietet. Dort will die nun zuständige 6. Strafkammer ab Dezember an drei Tagen pro Woche verhandeln, möglichst dienstags, mittwochs und donnerstags. Die hohe Taktung erklärt sich nicht zuletzt mit Blick auf die Mitte 2020 eintretende Verjährung.  

Gerade einmal zweieinhalb Jahre Zeit

Weitere Termine ab Februar 2018 will das Gericht später abstimmen. Dass die Kammer nicht damit rechnet, in dem Verfahren unter dem Aktenzeichen 36 KLs 10/17 mit den zunächst terminierten 23 Verhandlungstagen auszukommen, ergibt sich auch aus ihrem Hinweis in der Ladung, dass längere Unterbrechungen nur während der NRW-Schulferien geplant seien. Die weiteren Fortsetzungstermine müssten noch mit den Verantwortlichen des Messezentrums abgestimmt werden, heißt es dort.

Gerichtssprecher Dr. Matthias Breidenstein ist sich sicher, dass es dabei nicht zu Schwierigkeiten kommen wird. 50 Tage sind dort bereits gebucht, ein Kontingent aus dem Vertrag aus dem Jahr 2014. Das Verfahren zieht sich seit langem hin, das Landgericht hatte zunächst die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt, diese Entscheidung hatte das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf im April aufgehoben.

Nun steht das LG unter Zeitdruck: Liegt bis zum 27. Juli 2020 kein erstinstanzliches Urteil vor, müsste das Gericht das Verfahren gegen die zehn Angeklagten wegen Verjährung einstellen. Dann greift, zehn Jahre nach den tragischen Ereignissen, die absolute Verjährung (§ 78 c Abs. Abs. 3 S. 2 Strafgesetzbuch). 

Wie das LG sich auf den Prozess vorbereitet

Das Gericht trägt dem Rechnung. Die Verteidiger wurden aufgefordert, binnen zwei Wochen Vorschläge für Pflichtverteidiger zu machen, die einspringen, wenn sie selbst an einem der Prozesstage verhindert sind. Neben diesem für Großverfahren üblichen Vorgehen hat das LG Duisburg die zuständige 6. Große Strafkammer von allen neu eingehenden Verfahren freigestellt, damit sie sich mit voller Energie dem Loveparade-Prozess widmen kann.

Zudem wurden Ende Mai zwei Richterstellen neu geschaffen. Ob diese beiden als Ergänzungsrichter in dem Verfahren benannt oder die sieben anderen Verfahren bearbeiten werden, welche bei der Kammer derzeit anhängig sind, steht nach Angaben von Gerichtssprecher Breidenbach noch nicht fest. Es bietet sich an, beide als Ergänzungsrichter einzusetzen für den Fall, dass jemand krankheitsbedingt oder beispielsweise durch Eintritt in den Ruhestand aus dem großen Prozess ausscheiden muss.

Der Kammer gehören nun neben dem Vorsitzenden Richter vier weitere Richter an. Auf sie wartet eine gewaltige Aufgabe. Obwohl der Prozessbeginn noch einige Monate entfernt ist, ist der Zeitplan ambitioniert. Die Hauptakte umfasste schon im April 2016 47.000 Blatt in 99 Ordnern. Die Anklage der Staatsanwaltschaft hat 556, der Nichteröffnungsbeschluss des LG Duisburg 460 Seiten. Die Beschwerdebegründung der Staatsanwaltschaft, welche die Generalstaatsanwaltschaft unterstützt hat, ist 750 Seiten lang, der Beschluss des OLG 231 Seiten. Darüber hinaus warten mehr als 800 Ordner mit weiteren Unterlagen.

Mit Materialien von dpa

Zitiervorschlag

Pia Lorenz, Prozessbeginn schon im Dezember: . In: Legal Tribune Online, 07.06.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/23124 (abgerufen am: 21.11.2024 )

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