2/2: LG: Vermieter werden ungleich behandelt
In einem Hinweisbeschluss vom 14. September, der am Dienstag bekannt wurde, ließ das LG daraufhin die Bombe platzen: Die Mietpreisbremse sei verfassungswidrig, so die Richter der Zivilkammer 67. § 556d BGB bewirke eine ungleiche Behandlung von Vermietern und verstoße damit gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Dieser gebietet dem Gesetzgeber, wesentlich Gleiches gleich zu behandeln.
Soweit er Differenzierungen vornehme, müssten diese durch Gründe gerechtfertigt werden, die dem Ziel der Differenzierung und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen seien, so das LG. Dies habe der Gesetzgeber bei der Neuregelung von § 556d BGB nicht beachtet und in verfassungswidriger Weise in das Recht der Mietvertragsparteien, im Rahmen ihrer Vertragsfreiheit den Mietpreis zu regeln, eingegriffen.
Bemerkenswert daran ist auch, dass das LG Berlin noch im März die verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Mietpreisbremse verworfen hatte. Im Hinblick auf den Gleichheitssatz hatte die damals erkennende Kammer 65 gar keine Ausführungen gemacht. Die Revision wurde damals nicht zugelassen, da man keine Notwendigkeit der Rechtsfortbildung sah.
§ 556d BGB in Verbindung mit der vom Land Berlin erlassenen Rechtsverordnung begrenze die zulässige Neuvermietung auf 110 Prozent der ortsüblichen Vergleichsmiete, führten die Richter nun aus. Da bundesweit der Wohnungsmietmarkt preislich seit langem starke Unterschiede aufweise, belaufe sich die ortsübliche Vergleichsmiete zum Beispiel in München auf 11,28 Euro pro Quadratmeter in 2013 und 12,28 Euro pro Quadratmeter in 2016, während sie in Berlin nur bei 6,49 Euro bzw. 7,14 Euro (Berlin-West) pro Quadratmeter gelegen habe. Der Unterschied betrage mithin jeweils über 70 Prozent.
Schlicht ungerecht?
Vermieter in mehreren Städten würden somit in unterschiedlicher Weise von der gesetzlichen Regelung betroffen, so die Argumentation. Eine Ungleichbehandlung ist vor dem Hintergrund von Art. 3 Abs. 1 GG gleichwohl möglich, sofern ein sachlicher Grund sie rechtfertigt. Einen solchen erkannte die Kammer hier aber nicht. Dies rechtfertigte man damit, dass nicht belegt sei, dass einkommenschwächere Mieter in Berlin weniger Geld für die Miete zur Verfügung hätten als beispielsweise in München. Die hierfür relevanten einkommensbezogenen Sozialdaten von Mietern seien nicht erhoben worden.
Eine weitere Ungleichbehandlung stellte die Kammer sodann in zeitlicher Hinsicht fest. Vermieter, die in der Vergangenheit, also vor Einführung der Mietpreisbremse, vermeintlich zu hohe Mieten verlangt hätten, würden durch das Gesetz ungerechtfertigt begünstigt. Denn diese Vermieter dürften bei einer Neuvermietung die bisherige Miete weiterhin verlangen. Ein Bestandsschutz für diese Miete könne jedoch bei einer Neuvermietung nicht angenommen werden.
Schließlich, so das LG, sei die Mietpreisbremse auch schlicht ungerecht. Diese simple Behauptung versucht das Gericht sodann wie folgt zu untermauern: Diejenigen Vermieter, die in der Vergangenheit eine maßvolle Miete verlangt hätten, würden erheblich benachteiligt gegenüber denjenigen Vermietern, die schon in der Vergangenheit die am Markt erzielbare Miete maximal ausgeschöpft und damit ungleich höher dazu beigetragen hätten, dass Wohnraum für Geringverdiener knapp werde.
Auf Verfassungsmäßigkeit kommt es plötzlich nicht mehr an
Die Sicht des Bundesverfassungsgerichts auf die aufgeworfenen Rechtsfragen wäre hochinteressant gewesen, doch der Fall wird nicht bis zu ihm durchdringen: Im weiteren Verhandlungsverlauf stellte sich heraus, dass das Merkmal "Sammelheizung" für die Wohnung vorlag, so dass der vom AG Wedding für noch zulässig erkannte Mietwert von 233,22 Euro monatlich netto kalt richtig berechnet sei, wie das LG ausführte.
Damit stehe der Mieterin kein weiterer Rückzahlungsanspruch zu, auch nicht für die Monate vor März 2016. Denn für die davor liegende Zeit fehle es an einer nach dem Gesetz erforderlichen ausreichenden schriftlichen Rüge gegenüber der Vermieterin, aus welchen Gründen die vereinbarte Miete überhöht sei.
Aus diesem Grund wies das Gericht die Klage durch Urteil vom Dienstag ab. Somit ist der Beschluss rechtlich praktisch bedeutungslos. Den zahlreichen Kritikern der Mietpreisbremse aber dürfte er jede Menge Argumentation liefern.
Maximilian Amos, LG hält Mietpreisbremse für verfassungswidrig: . In: Legal Tribune Online, 19.09.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/24601 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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