Der Ausschluss von eingetragenen Lebenspartnern vom Ehegattensplitting ist verfassungswidrig. Zu dieser Entscheidung kam das Niedersächsische Finanzgericht. Es verwies zur Begründung auf einen aktuellen Beschluss des Bundesverfassungsgerichts, mit dem dieses eine vergleichbare Ungleichbehandlung von Ehe und Lebenspartnerschaft bei der Erbschaftsteuer gekippt hatte.
Die Antragstellerin beantragte beim Finanzamt mit ihrer Lebenspartnerin zusammen zur Einkommensteuer veranlagt zu werden. Das Finanzamt lehnte dies unter Hinweis darauf ab, dass der Gesetzgeber den Anspruch auf Zusammenveranlagung ausdrücklich auf Ehegatten beschränkt habe. Gleichzeitig lehnte das Finanzamt den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Einkommensteuerbescheids ab.
Der 10. Senat des Niedersächsischen FG hält den Ausschluss von Partnern einer eingetragenen Lebenspartnerschaft für verfassungswidrig und hat den angefochtenen Einkommensteuerbescheid deswegen im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes von der Vollziehung ausgesetzt.
Wegen des verfassungsrechtlichen Schutzes der Ehe sei es dem Gesetzgeber grundsätzlich zwar nicht verwehrt, diese gegenüber anderen Lebensformen zu begünstigen. Gehe die Förderung der Ehe jedoch mit einer Benachteiligung anderer Lebensformen einher, obgleich diese mit der Ehe vergleichbar seien, rechtfertige die bloße Verweisung auf das Schutzgebot der Ehe eine solche Differenzierung nicht.
Zwar habe der Bundesfinanzhof (BFH) in der Vergangenheit die steuerliche Ungleichbehandlung eingetragener Lebenspartnerschaften beim Veranlagungswahlrecht im Hinblick auf die Förderung von Ehe und Familie durch Art. 6 Abs. 1 des Grundgesetzes für gerechtfertigt erachtet. In Anbetracht des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 21. Juli 2010 (Az. 1 BvR 611/07 und 1 BvR 2464/07) zur Ungleichbehandlung von Ehe und eingetragener Lebenspartnerschaft im Erbschaftsteuer- und Schenkungsgesetz könne diese Rechtsprechung jedoch nicht mehr aufrechterhalten werden.
Es könne dahinstehen, ob die Eignung der Ehe gegenüber der Lebenspartnerschaft zur Zeugung gemeinsamer Kinder den Splittingtarif zugunsten von Ehegatten rechtfertige. Das geltende Recht mache nämlich die Privilegierung der Ehe nicht vom Vorhandensein gemeinsamer Kinder abhängig, sondern differenziere gerade nicht zwischen kinderlosen Ehen und solchen, aus denen Kinder hervorgegangen seien (Urt. v. 9.11.2010 (Az. 10 V 309/10).
Der 10. Senat des NFG hat die Beschwerde zum BFH zugelassen. Ein Aktenzeichen des BFH liegt derzeit noch nicht vor.
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FG Niedersachsen zum Ehegattensplitting: . In: Legal Tribune Online, 30.11.2010 , https://www.lto.de/persistent/a_id/2049 (abgerufen am: 04.11.2024 )
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