EuGH zu Kohlekraftwerk Moorburg: Zu wenig Schutz für Fische in der Elbe

26.04.2017

Der EuGH hat die Bundesrepublik verurteilt, weil das Vattenfall-Kohlekraftwerk im Hamburger Hafen negative Auswirkungen auf die Fischbestände in der Elbe haben könnte. Die deswegen errichtete Fischtreppe allein reiche nicht aus.

Weil das Kühlsystem des Kohlekraftwerks Moorburg im Hamburger Hafen den durchschwimmenden Fischen schaden könnte, hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) Deutschland im Vertragsverletzungsverfahren verurteilt. Bei der Prüfung des Vorhabens ist nach Ansicht der Richter nicht ausreichend auf den Umweltschutz geachtet worden (Urt. v. 26.04.2017, Az. C-142/16).

Im September 2008 wurde die Genehmigung zur Errichtung des Kohlekraftwerks Moorburg im Hamburger Hafen erteilt. Im Zuge dessen wurde auch eine Umweltverträglichkeitsprüfung nach deutschem Wasserrecht durchgeführt. Diese hatte zu dem Ergebnis geführt, dass der Bau unbedenklich sei, wenn sich der Betreiber Vattenfall zur Errichtung einer Fischaufstiegsanlage, auch Fischtreppe genannt, verpflichte. Diese sollte die Verluste von Tieren, welche durch das kraftwerkseigene Kühlsystem mitsamt des Wassers eingesaugt und getötet werden, ausgleichen.

Der Europäischen Kommission genügte dies allerdings nicht, weshalb sie beim Gerichtshof ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik einleitete. Ihrer Ansicht nach waren die Auswirkungen des Kraftwerks auf die lokalen Fischbestände nicht ausreichend geprüft worden.

EU-Richtlinie gibt Umweltschutzstandards vor

Doch was macht den Schutz lokaler Fischbestände zur Sache der Union? Zum länderübergreifenden Schutz der Lebensräume gefährdeter Tiere und Pflanzen hat die Europäische Union die Habitat-Richtlinie erlassen. Sie schreibt vor, dass bei Projekten, welche ein Naturschutzgebiet (auch nur mittelbar) beeinträchtigen könnten, vorher eine umfassende Verträglichkeitsprüfung durchzuführen ist.

Fällt diese negativ aus, darf das Projekt entweder gar nicht oder nur unter Ergreifung von Ausgleichsmaßnahmen realisiert werden. Nach Ansicht der Kommission war bei der Erteilung der Baugenehmigung hiergegen verstoßen worden:

In einer Entfernung von bis zu 600 Kilometern vom Kraftwerk befinden sich diverse Natura-2000-Schutzgebiete der EU, welche die Erhaltung einiger durch die Elbe schwimmender Fischarten - u. a. Lachse - zum Ziel haben. Durch das Kühlsystem des Kraftwerks werden die den Flussabschnitt passierenden Fische gefährdet.

Um den durch die Anlage entstehenden Umweltschaden auszugleichen, verpflichtete sich der Kraftwerksbetreiber daher dazu, die geforderte Fischtreppe einzurichten. Diese sollte den Fischen ermöglichen, schneller bestimmte Laichgebiete zu erreichen, was zur Stärkung der Bestände führen soll. Dieses Vorgehen genüge den Umweltschutzanforderungen aber nicht, urteilte am Donnerstag der Gerichtshof.

Kumulative Auswirkung mit anderem Kraftwerk nicht geprüft

Die Bundesrepublik habe gegen die Habitat-Richtlinie, deren Umsetzungsfrist abgelaufen ist, verstoßen, weil von der zuständigen Hamburger Behörde keine ausreichende Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt worden sei.

Zum einen sei die Wirksamkeit einer Fischtreppe als Mittel zur Stärkung der Bestände nicht bewiesen. Somit bestünden vernünftige Zweifel an der Ausgleichswirkung.

Zum anderen habe die Behörde die kumulativen Auswirkungen des Kraftwerks im Zusammenhang mit dem bereits bestehenden nahe gelegenen Pumpspeicherkraftwerk Geesthacht nicht berücksichtigt. Eine solche Prüfung sei entsprechend der Richtlinie aber ebenfalls von Nöten.

Als Folge des Urteils ist Deutschland nun aufgefordert, den Rechtsverstoß zu beheben. Bei Nichtbefolgung kann in letzter Konsequenz eine Strafzahlung oder ein Zwangsgeld die Folge sein.

mam/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

EuGH zu Kohlekraftwerk Moorburg: . In: Legal Tribune Online, 26.04.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/22752 (abgerufen am: 21.11.2024 )

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