13 Jahre lang hatte ein Brite keinen bezahlten Jahresurlaub genommen. Nachdem ein britisches Gericht seine Arbeitnehmereigenschaft festgestellt hat, verlangt er nun Abgeltung. Verfallen sei der Anspruch jedenfalls nicht, so der EuGH.
Der Jahresurlaub eines Arbeitnehmers verfällt nicht, wenn der Arbeitgeber ihn nicht in die Lage versetzt hat, diesen auch zu nehmen. Das entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH) am Mittwoch. Ebenso müsse der Urlaub nicht erst genommen werden, um Ansprüche prüfen lassen zu können. (Urt. v. 29.11.2017, Az. C-214/16).
Der Entscheidung zugrunde liegt der merkwürdige Fall des Briten Conley King. Er war 13 Jahre als Verkäufer auf Provisionsbasis für eine britisches Unternehmen tätig. Deklariert war die Zusammenarbeit als selbstständiges Dienstverhältnis, sein Jahresurlaub wurde ihm daher nicht bezahlt. Er nahm auch keinen in dieser Zeit.
Nach der im Jahr 2012 erfolgten Beendigung des Dienstverhältnisses erhob King Klage, unter anderem auch auf Abgeltung des nicht in Anspruch genommenen Urlaubs für den gesamten Zeitraum seiner Beschäftigung. Die britischen Arbeitsgerichte stellten dabei die Arbeitnehmereigenschaft des Verkäufers fest.
Im Urlaub soll man sich erholen
Der EuGH hatte im Wege eines Vorabentscheidungsersuchen nun zwei (Kern-)Fragen zu klären: Muss ein Arbeitnehmer seinen Urlaub erst nehmen, bevor er feststellen (lassen) kann, ob er für diesen Urlaub Anspruch auf eine Bezahlung hat? Und verfällt der Urlaubsanspruch, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer den Urlaub nicht ermöglicht hat?
Beide Fragen verneinte der EuGH nun und entsprach damit den Schlussanträgen des Generalanwalts. Das Unionsrecht verbiete es, dass der Arbeitnehmer seinen Jahresurlaub nehmen muss, ehe er feststellen (lassen) kann, ob er für diesen Urlaub Anspruch auf Bezahlung hat. Das begründeten die Richter mit dem Sinn und Zweck des Jahresurlaubs, welcher in der Erholung liege. Eine Entspannung sei jedoch nicht möglich, wenn Unsicherheit in Bezug auf das geschuldete Entgelt bestehe, argumentierten die Luxemburger. Außerdem entstünde eine abschreckende Wirkung, wenn der Arbeitnehmer auf Urlaub verzichte, weil er eben nicht wisse, ob dieser bezahlt werde.
Arbeitgeber hat sich über den Jahresurlaub zu informieren
Darüber hinaus habe der Arbeitgeber die Folgen zu tragen, wenn er seinen Arbeitnehmer nicht in die Lage versetzt, dessen Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub auszuüben, entschied der EuGH. Dieser Fall sei damit anders zu behandeln, als wenn der Arbeitnehmer aus Krankheitsgründen daran gehindert war.
Bei der Ansammlung von zu langen Abwesenheitszeiten des Arbeitnehmers aufgrund von Krankheit müsse der Arbeitgeber nämlich vor Schwierigkeiten für die Arbeitsorganisation geschützt werden. Diese Umstände lägen im Fall von Herrn King aber gerade nicht vor.
Der Arbeitgeber konnte vielmehr davon profitieren, dass Herr King seine berufliche Tätigkeit bei ihm nicht unterbrochen habe, so die Richter. Daher obliege es dem Arbeitgeber, sich umfassend über seine Verpflichtungen im Bereich des bezahlten Jahresurlaubs zu informieren.
mgö/LTO-Redaktion
EuGH zu Arbeitnehmerrechten: . In: Legal Tribune Online, 29.11.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/25747 (abgerufen am: 18.11.2024 )
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