Der frühere Präsident des BVerfG, Hans-Jürgen Papier, sieht nach dem Urteil zur Dreiprozenthürde bei den Europawahlen auch die Sperrklausel für den Bundestag in Gefahr. Die Gemeinsamkeiten zwischen Bundestag und Europäischem Parlament seien doch sehr groß, wenn es um den Schutz der Funktions- und Arbeitsfähigkeit gehe, sagte Papier der gegenüber einer Zeitung.
Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes (BVerfG) zu den Wahlen für das EU-Parlament sieht der ehemalige Verfassungsrichter auch die Regelungen für die Bundestagswahlen gefährdet. "Legte man diese Anforderungen auch bei Bundestags- und Landtagswahlen zu Grunde, wären auch nationale Fünf-Prozent-Klauseln in Frage zu stellen", warnte Papier. Das Karlsruher Urteil halte er "weder im Ergebnis noch in der Begründung für richtig", sagte er in der Welt.
Die Karlsruher Richter hatten die deutsche Drei-Prozent-Hürde bei Europawahlen Ende Februar für verfassungswidrig erklärt (Urt. v. 26.02.2014, Az. 2 BvE 2 /13 u.a.). Die Sperrklausel verstoße gegen die Grundsätze der Wahlrechtsgleichheit und der Chancengleichheit der Parteien. Kleine Parteien rechnen sich bei der Europawahl im Mai nun größere Chancen aus.
Papier schlug vor, die Verfassung zu ändern, um "klare Verhältnisse zu schaffen". "Wir sollten Fragen nach dem Wahlsystem einschließlich der Sperrklauseln nicht dem einfachen Gesetzgeber überlassen", sagte er. Speziell die Gleichheit der Wahl sei ein relativ vager Begriff. Mit einer Grundgesetzänderung ließe sich aus Papiers Sicht auch die Drei-Prozent-Hürde wieder einführen.
dpa/mbr/LTO-Redaktion
Nach Urteil zu Dreiprozenthürde bei Europawahlen: . In: Legal Tribune Online, 10.03.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/11277 (abgerufen am: 15.11.2024 )
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