BVerwG zu presserechtlichem Auskunftsanspruch: NS-Ver­gan­gen­heit lebender Minis­te­ri­ums­mit­ar­beiter bleibt geheim

29.06.2017

Das BVerwG hat entschieden, dass ein Journalist keinen Anspruch auf Auskunft über die Verstrickung von Ministeriumsmitarbeitern im NS-Regime hat. Jedenfalls nicht, wenn sie noch leben, meint das BVerwG.

Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat entschieden, dass einem Journalisten Einsicht in ein Gutachten über die politische Belastung ehemaliger Mitarbeiter des Bundeslandwirtschaftsministeriums in der NS-Zeit gewährt werden muss, soweit die Mitarbeiter bereits verstorben sind. Einen Anspruch auf Einsicht bezüglich noch lebender Mitarbeiter hat es hingegen verneint (Urt. v. 29.06.2017, Az. 7 C 24.15).

Im Rahmen der Aufarbeitung seiner Vergangenheit ließ das Bundeslandwirtschaftsministerium zur Klärung der Ehrwürdigkeit seiner ehemaligen Bediensteten ein wissenschaftliches Gutachten erstellen. Darin wurden die Lebensläufe von 62 ehemaligen Bediensteten des Ministeriums, die zum Zeitpunkt der Vergabe des Gutachtenauftrags noch lebten, im Hinblick auf eine nationalsozialistische Vergangenheit untersucht und bewertet.

Dem Antrag des Klägers, eines Journalisten der Bild-Zeitung, ihm auf der Grundlage des Informationsfreiheitsgesetzes (IFG) bzw. nach Maßgabe des presserechtlichen Auskunftsanspruchs Einsicht in das 2009 fertiggestellte Gutachten zu gewähren, entsprach das Ministerium nur teilweise und schwärzte die Textstellen, die personenbezogene Daten enthielten.

Keine postmortale 3-Jahres-Sperre

Die dagegen gerichtete Klage hatte vor dem Oberverwaltungsgericht (OVG) NRW bereits teilweise Erfolg. Soweit sich die im Gutachten enthaltenen Informationen auf noch lebende Personen bezögen, komme eine Einsicht wegen der Schutzwürdigkeit personenbezogener Daten nur bei Einwilligung der Betroffenen in Betracht. Das Ministerium sei zu einer entsprechenden Nachfrage verpflichtet. Hinsichtlich der bereits verstorbenen ehemaligen Bediensteten sei Einsicht in das Gutachten zu gewähren, soweit diese Personen darin als 'deutlich kritikwürdig' oder 'nicht ehrwürdig' bezeichnet würden oder ihr Todeszeitpunkt mindestens drei Jahre zurückliege.

Deutschlands oberste Verwaltungsrichter bestätigten die Entscheidung des OVG nun im Ergebnis, soweit sie die noch lebenden ehemaligen Mitarbeiter betrifft. Vorbehaltlich einer Einwilligung der Betroffenen stehe der Schutz personenbezogener Daten der Einsicht auf der Grundlage des Informationsfreiheitsgesetzes zwingend entgegen.

Das Informationsinteresse der Presse gehe aber vor, soweit im Gutachten die Lebensläufe bereits verstorbener Mitarbeiter behandelt würden. Der postmortale Persönlichkeitsschutz gebiete auch bei Würdigung der Belange der Hinterbliebenen nicht, den Zugang zu diesen Unterlagen während eines Zeitraums von drei Jahren nach dem Tod zu sperren, entschieden die Leipziger Richter.

acr/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

BVerwG zu presserechtlichem Auskunftsanspruch: . In: Legal Tribune Online, 29.06.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/23327 (abgerufen am: 20.11.2024 )

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