BVerwG zu Neuerteilung der Fahrerlaubnis: Keine MPU für Fahrt unter 1,6 Pro­mille

06.04.2017

Wer betrunken Auto fährt, ist schnell die Fahrerlaubnis los. Bei der Neuerteilung darf die Behörde aber nicht ohne Weiteres auf eine MPU bestehen, wenn man mit weniger als 1,6 Promille erwischt wurde, entschied das BVerwG.

Ist nach einer einmaligen Trunkenheitsfahrt mit einer Blutalkoholkonzentration (BAK) von weniger als 1,6 Promille im Strafverfahren die Fahrerlaubnis entzogen worden, darf die Verwaltungsbehörde die Neuerteilung nicht allein wegen dieser Trunkenheitsfahrt von der Beibringung eines medizinisch-psychologischen Fahreignungsgutachtens (MPU) abhängig machen. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) in Leipzig am Donnerstag entschieden (Urt. v. 06.04.2017, Az. 3 C 24.15). Anders liege es allerdings, wenn zusätzliche Tatsachen die Annahme von künftigem Alkoholmissbrauch begründen.

Geklagt hatten zwei Autofahrer, die mit 1,28 und 1,13 Promille wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr nach § 316 Strafgesetzbuch (StGB) verurteilt worden waren. Zusätzlich wurde ihnen nach § 69 StGB die Fahrerlaubnis entzogen. Als sie später die Neuerteilung beantragten, erhielten sie von der Fahrerlaubnisbehörde die Aufforderung, ein Gutachten über ihre Fahreignung vorzulegen. In beiden Fällen ist die Klage auf Erteilung der Fahrerlaubnis ohne vorherige MPU in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben.

Strafgerichtliche Entziehung kein eigener Sachgrund

Das BVerwG entschied nun aber, dass den beiden Klägern die Fahrerlaubnis auch ohne Gutachten zu erteilen sei. Eine einmalige Trunkenheitsfahrt rechtfertige ohne das Hinzutreten weiterer aussagekräftiger Tatsachen erst ab einer BAK von 1,6 Promille die Anforderung eines Gutachtens. Die strafgerichtliche Entziehung einer Fahrerlaubnis wegen einer Trunkenheitsfahrt sei kein eigenständiger, von der 1,6 Promille-Grenze unabhängiger Sachgrund für die Anforderung eines Gutachtens. Das zeige die Bezugnahme in § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. d der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) auf die unter den Buchstaben a bis c genannten Gründe.

Der Präsident des Verkehrsgerichtstages und ehemalige Generalbundesanwalt Kay Nehm begrüßte die Entscheidung. Sie bringe Rechtsklarheit und verhindere, dass in dieser Frage zweierlei Recht in Deutschland gilt. "Das ist insbesondere deshalb wichtig, weil die Anordnung der MPU für sich allein nicht anfechtbar ist, so dass den Betroffenen nur die Wahl zwischen MPU oder Führerscheinantrag in einem anderen günstigeren Gerichtsbezirk blieb", so Nehm gegenüber LTO. Das Urteil des BVerwG ermögliche es außerdem, den Besonderheiten des Einzelfalls Rechnung zu tragen.

acr/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

BVerwG zu Neuerteilung der Fahrerlaubnis: . In: Legal Tribune Online, 06.04.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/22599 (abgerufen am: 21.11.2024 )

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