Wer sich einbürgern lassen will, muss Auskunft über seine Identität geben. Normalerweise gelingt das mit amtlichen Ausweispapieren. Wenn der Bewerber die aber nicht beschaffen kann, geht es laut BVerwG auch anders.
Die Klärung der Identität im Einbürgerungsrecht ist in Ausnahmefällen auch ohne amtliche Ausweispapiere möglich. Wenn feststeht, dass der Einbürgerungsbewerber die amtlichen Dokumente nicht vorlegen oder zumutbar beschaffen kann, kann die Klärung der Identität auch durch nichtamtliche Dokumente erfolgen, entschied das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) in Leipzig am Mittwoch (Urt. v. 23.09.2020, Az. 1 C 36.19).
Geklagt hatte eine Frau, die nach eigenen Angaben chinesische Staatsangehörige tibetischer Volkszugehörigkeit ist. Sie sei als Kleinkind in einem tibetischen Nonnenkloster aufgenommen worden und sei dort ordiniert worden. Sie kenne weder ihre Eltern noch wisse sie ihren Geburtsnamen. Ihr Alter sei damals von den Nonnen geschätzt worden. Staatliche Identitätsdokumente habe sie nie besessen, ob sie in China offiziell registriert sei, wisse sie auch nicht.
Die Frau beantragte im September 2016 ihre Einbürgerung. Zum Nachweis ihrer Identität reichte sie verschiedene nichtamtliche Dokumente ein, wie etwa eine Bescheinigung des Klosters und eine Geburtsbestätigung des Büros des Repräsentanten des Dalai Lama. Antrag und Widerspruch blieben jedoch erfolglos. Auch das Verwaltungsgericht wies ihre Klage ab. Eine Einbürgerung scheide aus, da ihre Identität nicht geklärt sei.
Stufenmodell bei fehlenden Dokumenten
Das BVerwG verwies den Rechtsstreit zurück an das Verwaltungsgericht. Zwar diene das Erfordernis der geklärten Identität gewichtigen Sicherheitsbelangen und der Prüfung der weiteren Einbürgerungsvoraussetzungen. "Zugleich muss einem bis zur Grenze der Unzumutbarkeit umfassend mitwirkenden Einbürgerungsbewerber aber die ihm abverlangte und obliegende Klärung seiner Identität auch objektiv möglich sein", hieß es.
Im Regelfall sei die Vorlage eines Passes oder eines anerkannten Ersatzpapieres erforderlich. In Ausnahmefällen objektiv bestehender Beweisnot sei jedoch von einem Stufenmodell auszugehen, entschied das BVerwG. Könne der Pass nicht zumutbar beschafft werden, seien für den Nachweis andere geeignete amtliche Urkunden zuzulassen, bei deren Ausstellung die Richtigkeit der Verbindung von Person und Name überprüft worden ist.
Wenn sich auch solche Dokumente nicht auftreiben lassen, könne schließlich auf die Vorlage sonstiger amtlicher und nichtamtlicher Dokumente oder auf Zeugenaussagen Dritter zurückgegriffen werden. Wenn auch dies objektiv nicht möglich sei und alle anderen Möglichkeiten einer Ermittlung von Amts wegen ausgeschöpft seien, könnten auf einer letzten Stufe in besonderen Ausnahmefällen "im Rahmen einer Gesamtwürdigung eines schlüssigen und glaubhaften Vorbringens allein die Angaben des Einbürgerungsbewerbers zu seiner Person Grundlage einer behördlichen oder gerichtlichen Überzeugungsbildung sein", so die Leipziger Richter.
acr/LTO-Redaktion
BVerwG zur Identitätsklärung im Einbürgerungsrecht: . In: Legal Tribune Online, 23.09.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/42893 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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