Nach Änderung des Klimaschutzgesetzes: Karls­ruhe ent­scheidet nicht über zweite Kli­maklage

Nach dem spektakulären Klimaschutzbeschluss des BVerfG legten junge Menschen mit einer weiteren Klimaklage nach und forderten schnellere und wirksamere Maßnahmen. Doch Karlsruhe nimmt diese Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung an.

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat eine weitere Klimaklage von neun Kindern und jungen Erwachsenen nicht zur Entscheidung angenommen (Beschl. v. 25.5.2022, Az.: 1 BvR 188/22). Das teilte Rechtsanwalt Remo Klinger auf dem diesjährigen Deutschen Anwaltstag (DAT) mit, der am Freitag in Hamburg zu Ende geht. Ein Sprecher des BVerfG bestätigte das gegenüber LTO.

Die neun Beschwerdeführer:innen waren schon an der Verfassungsbeschwerde beteiligt, die im Frühjahr 2021 zu einem überraschenden Erfolg führte: Das BVerfG erklärte, die zögerliche Klimapolitik bedrohe die zukünftige Freiheit der jungen Generation, der Bund müsse auch für die Zeit nach 2030 regeln, wie die Emission von Treibhausgasen reduziert werden könne (Beschl. v. 24.03.2021, Az. 1 BvR 2656/18 u.a.).

Der Beschluss gilt als bahnbrechend. Die Große Koalition reagierte umgehend darauf und änderte das Klimaschutzgesetz nur vier Monate später. Doch den jungen Beschwerdeführer:innen reichte das nicht aus. Sie zogen – wieder unterstützt von der Deutschen Umwelthilfe (DUH) – erneut nach Karlsruhe. Auch die neue Fassung des Klimaschutzgesetzes gewährleiste keinen angemessenen Beitrag Deutschlands zur Einhaltung des Pariser Klimaschutzabkommens und der Begrenzung der globalen Erhitzung auf 1,5 Grad, so ihre Argumentationslinie.

Gegenüber der ersten Fassung des Klimaschutzgesetzes seien die erlaubten Emissionsmengen bis 2030 nur geringfügig um circa 6,5 Prozent reduziert worden, so die Kritik der DUH. Außerdem habe der IPCC-Bericht vom Sommer 2021 gezeigt, dass schon in circa zehn Jahren die 1,5-Grad-Grenze überschritten werden könnte, und seine Berechnungen des CO2-Restbudgets überprüft – auch darauf müsse der Bundesgesetzgeber reagieren.

DUH: Als nächstes geht es vor den EGMR in Straßburg

Das BVerfG hat die Beschwerde jedoch nicht zur Entscheidung angenommen. Der Nichtannahmebeschluss wurde nicht begründet. "Für Karlsruhe ist das offenbar causa finita", sagte Klinger auf einer Fachveranstaltung im Rahmen des DAT.

Hat Karlsruhe also zum Thema Klimaschutz alles gesagt? Klinger erwartet vorerst zumindest keine weitere Grundsatzentscheidung. Er gehe aber davon aus, "dass das BVerfG dem Gesetzgeber weiterhin den Rücken stärkt, wenn es darum geht, bestimmte Klimaschutzmaßnahmen umzusetzen." Das habe man zuletzt etwa in der Entscheidung zur Bürgerbeteiligung an Windparks in Mecklenburg-Vorpommern gesehen.

Klinger und die DUH kündigten am Freitag an, nun vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) zu gehen. "Wir haben gar keine andere Wahl, als diese Frage nun den europäischen Richtern vorzulegen, wenn wir die vom Verfassungsgericht ja bereits klar bestätigten Grundrechte künftiger Generationen schützen und die Klimakatastrophe noch verhindern wolle", so DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch. "Denn einerseits sehen wir fast täglich in den Nachrichten, wie die Klimakrise mit Dürren, Hitzewellen, Feuern, Stürmen und Fluten bereits heute immer dramatischer voranschreitet. Andererseits erleben wir, wie Regierungen nach wie vor abwiegeln und bremsen – aktuell die deutsche Regierung mit der drastischen Verfehlung der Klimaziele im Verkehrssektor und der Weigerung, mit einem Tempolimit und einem frühzeitigen Verbrenner-Aus endlich gegenzusteuern."

Die DUH hatte zudem mit einer weiteren Verfassungsbeschwerde versucht, auch die Länder zu entschlossenerem Handeln zu zwingen. Auch diese Verfassungsbeschwerde hat das BVerfG abgelehnt.

Zitiervorschlag

Nach Änderung des Klimaschutzgesetzes: . In: Legal Tribune Online, 24.06.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/48850 (abgerufen am: 19.11.2024 )

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