Über die Entschädigungspflicht des Staates wegen Verletzung der Menschenwürde darf nicht bereits im Verfahren über den Antrag auf Prozesskostenhilfe entschieden werden, sofern der Fall nicht eindeutig ist. Die Verfassungsbeschwerde eines Strafgefangenen war erfolgreich.
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat den Schutz der Menschenwürde bekräftigt. Nach einem am Dienstag ergangenen Beschluss kann ein Gericht nicht bereits im Verfahren um Prozesskostenhilfe darüber entscheiden, ob ein Amtshaftungsanspruch wegen einer menschenunwürdigen Behandlung besteht. Eine Ablehnung dürfe in der Regel nur nach Prüfung und Abwägung im Erkenntnisverfahren erfolgen, so die Richter (Beschl. v. 04.02.2014, Az. 1 BvR 2531/12).
Ein Strafgefangener, der eine lebenslange Freiheitsstrafe wegen Mordes verbüßt, hat mit seiner Verfassungsbeschwerde die Richter zu diesem Beschluss motiviert. Im November 2009 wurde er aufgrund starker Schmerzen in ein Krankenhaus verbracht. Auch während der Behandlung nahm man ihm Fuß- und Handfesseln nicht ab. Zusätzlich wurde ihm untersagt, die fensterlose Toilette aufzusuchen, er sollte stattdessen im Beisein der Beamten im Behandlungszimmer einen Toilettenstuhl benutzen.
Nachdem die Strafvollstreckungskammer diese Maßnahmen als rechtswidrig eingeordnet hatte, wollte der Inhaftierte Amtshaftungsansprüche gerichtlich geltend machen. Seinen Antrag auf Prozesskostenhilfe lehnten aber sowohl das Land- als auch das Oberlandesgericht ab. Dort zweifelte man an der Erfolgsaussicht. Durch die Entscheidung der Strafvollstreckungskammer sei der Eingriff in sein Grundrecht bereits hinreichend ausgeglichen, hieß es damals.
Dem stellte sich das BVerfG nun entgegen. Die angegriffene Entscheidung verletze den Strafgefangenen in seinem Anspruch auf Rechtsschutzgleichheit aus Artikel 3 Abs. 1 i.V.m Artikel 20 Abs. 3 Grundgesetz, so der Beschluss. Nicht geklärte Rechtsfragen dürften nicht schon im Prozesskostenhilfeverfahren "durchentschieden" werden. Zur Frage, wann bei einer Verletzung der Menschenwürde eine Entschädigungspflicht besteht, gebe es noch keine obergerichtliche Rechtssprechung, betonten die Richter. Daher habe das Fachgericht keine hinreichende Grundlage, um eine abschließende Bewertung bereits im summarischen Verfahren zu treffen.
In Fällen der Menschenwürdeverletzung sei die Schwelle der Erheblichkeit deutlich niedriger, als bei "bloßen" Verletzungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts.
una/LTO-Redaktion
BVerfG zu Verletzung der Menschenwürde: . In: Legal Tribune Online, 04.02.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/10876 (abgerufen am: 15.11.2024 )
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