Das Grundsatz-Urteil gegen Volkswagen ist gesprochen, aber damit sind nicht alle Diesel-Fälle entschieden. Was ist mit denjenigen, die ihr Auto nach Herbst 2015 gekauft haben? Der BGH verhandelt am Dienstag zwei weitere Klagen.
Der Bundesgerichtshof (BGH) treibt die Aufarbeitung des VW-Dieselskandals voran. Kurz vor der Sommerpause verhandeln die obersten Zivilrichter in Karlsruhe am Dienstag (9.00 Uhr) zwei weitere Schadensersatz-Klagen von Diesel-Käufern gegen den Volkswagen-Konzern. Erwartet wird die Klärung wichtiger Fragen.
Die grundsätzliche Linie hat der BGH mit seinem ersten Diesel-Urteil vom 25. Mai bereits vorgegeben. Darin ist festgestellt, dass der Wolfsburger Autobauer seine Kunden bewusst getäuscht hat und deshalb prinzipiell haftet. Bei der Berechnung des Schadensersatzes müssen sich die Autokäufer aber die gefahrenen Kilometer als gezogene Nutzungen vollständig anrechnen lassen.
Nun geht es um die Frage, ob VW neben der geschuldeten Summe noch Deliktszinsen aus § 849 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zahlen muss. Diese würden seit dem Kauf des Autos fällig. Das macht durchaus einen spürbaren Unterschied: Der Frau in dem Fall hatten die Gerichte der Vorinstanzen gut 3.000 Euro Schadensersatz zugesprochen. Das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg schlug noch einmal rund 1.800 Euro Zinsen auf (Az. VI ZR 397/19).
Finanzieller Schaden durch Nutzung ausgeglichen?
Die BGH-Richter haben die Hoffnungen der Diesel-Kläger aber bereits gedämpft. In einer anderen Verhandlung in der vergangenen Woche deutete der Vorsitzende an, dass der Senat Deliktzinsen für eine "nicht gerechtfertigte Überkompensation" halte. Denn wenn nicht für einen VW-Diesel, hätten die Käufer das Geld vermutlich für ein anderes Auto ausgegeben.
Der Kläger im zweiten Fall hatte sein Auto erst Monate nach Auffliegen des Abgasskandals im Herbst 2015 gekauft. Kann er trotzdem Schadensersatz beanspruchen? Diese Konstellation ist recht häufig und betrifft nach Angaben von VW mehrere Tausend noch offene Verfahren. Der Konzern nennt diese Konstellationen, in denen er sich optimistisch zeigt, nicht grundsätzlich auf Schadensersatz zu haften, "Kauf-nach-Kenntnis-Fälle".
Am OLG Koblenz war der Mann leer ausgegangen. Angesichts der umfangreichen Medienberichterstattung konnten sich die Richter nicht vorstellen, dass jemand von dem Skandal nichts mitbekommen haben könnte. Auf jeden Fall sei Volkswagen keine Täuschung vorzuwerfen. Der Konzern habe über die Problematik öffentlich informiert und "alles getan, um zu verhindern, dass ein Käufer ein von ihr mit dem Motor EA 189 ausgestattetes Fahrzeug in Unkenntnis der darin verbauten Umschaltlogik erwerben würde" (Az. VI ZR 5/20).
Ob die Richter ihre Entscheidungen noch am Dienstag verkünden, ist offen. Zu den beiden Verhandlungen von vergangener Woche ist die Urteilsverkündung für Donnerstag (30. Juli) angesetzt.
dpa/acr/LTO-Redaktion
BGH verhandelt wieder zum Abgasskandal: . In: Legal Tribune Online, 28.07.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/42327 (abgerufen am: 02.11.2024 )
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