2/2: Kein missbräuchliches Verhalten der Sender
Eine Pflicht zur Fortsetzung der Vertragsbeziehung zu den bisherigen Bedingungen könne auch nicht aus kartellrechtlichen Bestimmungen hergeleitet werden. Die Beklagten unterlägen zwar als auch wirtschaftlich tätige Unternehmen den Regelungen des Kartellrechts. Ihre Weigerung, den Einspeisevertrag mit der Klägerin fortzusetzen, stelle jedoch keinen Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung im Sinne von § 19 GWB dar.
Zwar komme den Sendern auf dem relevanten Markt eine marktbeherrschende Stellung zu. Maßgeblich hierfür sei, dass sich die Beklagten im Hinblick auf die gesetzliche Übertragungspflicht nach § 52b RStV bei der Nachfrage nach Übertragungsleistungen hinsichtlich der für ihre Programme reservierten Kapazitäten nicht dem Wettbewerb solcher Unternehmen stellen müssten, deren Programme nicht unter die Übertragungspflicht fallen. Sie seien auch keinem Wettbewerb der anderen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ausgesetzt, weil die nach § 52b RStV vorzuhaltenden Kapazitäten ausreichten, um sämtliche gebührenfinanzierten Programme zu übertragen.
Es könne jedoch nicht von einem missbräuchlichen Verhalten der Beklagten im Sinne von § 19 Abs. 2 GWB ausgegangen werden, so die Karlsruher Richter. Der Umstand, dass die Klägerin von privaten Fernsehsendern ein (nicht näher beziffertes) Entgelt erhält, begründe keinen Anspruch auf Fortsetzung des Einspeisevertrages zu unveränderten Bedingungen. Soweit die Beklagten Anbietern anderer Übertragungstechniken (per Satellit oder terrestrisch) ein Einspeiseentgelt bezahlen, liege darin keine unzulässige Diskriminierung, weil diese sich, anders als die Klägerin, auf die reine Übertragungsleistung beschränken.
Unternehmerische Entscheidung oder verbotene Absprache
Laut Urteil fehlt es jedoch an ausreichenden Feststellungen dazu, ob die Beklagten zusammen mit den anderen am Einspeisevertrag beteiligten Rundfunkveranstaltern unter Verstoß gegen § 1 GWB die Beendigung dieses Vertrages vereinbart und die Kündigung in Umsetzung einer solchen Vereinbarung erklärt haben.
Sollten die Kündigungen nicht auf einer selbständigen unternehmerischen Entscheidung der Beklagten, sondern auf einer solchen verbotenen Absprache beruhen, wären sie nichtig. Sollten die Berufungsgerichte dagegen zu dem Ergebnis kommen, dass die Kündigungen wirksam sind, würden sie zu prüfen haben, welches die angemessenen Bedingungen für die Pflichteinspeisung und -übertragung der öffentlich-rechtlichen Programme über das Kabelnetz der Klägerin sind. Je nach Ergebnis der Feststellungen könne sich eine Zahlungsverpflichtung der Rundfunkanstalten oder eine Pflicht zur unentgeltlichen Einspeisung ergeben.
Im Hinblick auf die hierzu erforderlichen Feststellungen hat der Bundesgerichtshof die Urteile aufgehoben und die Verfahren an die Berufungsgerichte zurückverwiesen.
tap/lto-Redaktion
Tanja Podolski, Einspeisegebühren: . In: Legal Tribune Online, 16.06.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/15875 (abgerufen am: 05.11.2024 )
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