BGH: Pauschalreisende genießen Insolvenzschutz

02.11.2011

Ein Reisender, der einen Reisepreisversicherungsvertrag abgeschlossen hat, ist auch gegen das Risiko abgesichert, nach einer Absage der Reise durch den Reiseveranstalter seinen Anspruch auf Rückzahlung des vorausbezahlten Reisepreises nicht mehr realisieren zu können, weil der Reiseveranstalter insolvent ist. Dies entschied der X. Senat am Mittwoch.

Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs (BGH) ist § 651k Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) in diesem Fall anwendbar, weil der deutsche Gesetzgeber die Vorgaben aus Art. 7 der Richtlinie 90/314/EWG des Rates vom 13. Juni 1990 über Pauschalreisen vollständig umsetzen wollte.

Art. 7 der Richtlinie erfasse eindeutig auch den vorliegenden Fall, weil sie vorschreibe, dass der Reiseveranstalter für den Fall seiner Zahlungsunfähigkeit oder Insolvenz die Erstattung gezahlter Beträge und die Rückreise des Verbrauchers sicherzustellen hat (Urt. v. 02.11.2011 Az. X ZR 43/11).

Die Kläger buchten Anfang 2009 über einen Reiseveranstalter eine Kreuzfahrt, die Anfang 2010 hätte stattfinden sollen. Sie überwiesen an diesen, nachdem sie einen "Sicherungsschein für Pauschalreisen gemäß § 651k des Bürgerlichen Gesetzbuches" des nunmehr verklagten Hamburger Versicherers erhalten hatten, jeweils über 7.400 EUR.

Anfang August 2009 teilte der Reiseveranstalter den Urlaubern mit, dass die Reise mangels Nachfrage nicht stattfinde. Bereits einen Monat später ordnete das Insolvenzgericht die vorläufige Verwaltung des Vermögens des Reiseveranstalters an, Anfang Dezember 2009 wurde das Insolvenzverfahren eröffnet. Zur Rückzahlung des Reisepreises durch den Reiseveranstalter kam es nicht mehr.

Der Versicherer lehnte eine Erstattung jedoch ab. Die Reise sei nicht aufgrund der Insolvenz des Reiseveranstalters ausgefallen, sondern weil sie von diesem mangels Nachfrage abgesagt worden sei. Das Risiko, dass der dadurch ausgelöste Rückzahlungsanspruch wegen Insolvenz des Reiseveranstalters nicht mehr realisiert werden könne, werde vom Wortlaut des Sicherungsscheins, der der gesetzlichen Formulierung in § 651k BGB folge, nicht erfasst.

Dies sah der X. Zivilsenat wie auch schon die Vorinstanz anders.

Die Insolvenz müsse weder nach europäischen noch nach deutschem Recht kausal für den Reiseausfall sein, so die Karlsruher Richter. Es reiche vielmehr aus, dass infolge der Insolvenz der Veranstalter dem Reisenden den vorausgezahlten Preis für die ausgefallene Reise nicht erstatten kann und naturgemäß auch zur Durchführung der Reise nicht mehr in der Lage ist. In diesem Sinne seien auch die zu Gunsten der Kläger abgeschlossenen Reisepreisversicherungsverträge zwischen dem Reiseveranstalter und dem beklagten Versicherer auszulegen, weil letztere in ihren allgemeinen Versicherungsbedingungen auf die gesetzliche Regelung Bezug nähmen.

tko/LTO-Redaktion

 

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Zitiervorschlag

BGH: . In: Legal Tribune Online, 02.11.2011 , https://www.lto.de/persistent/a_id/4706 (abgerufen am: 22.11.2024 )

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